Êzîdîsche Parlamentsabgeordnete Vian Dakhil (Luke MacGregor)
Êzîdîsche Parlamentsabgeordnete Vian Dakhil (Luke MacGregor)

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[N]ew York. Am 27. März diesen Jahres hielt die êzîdîsche Parlamentsabgeordnete Frau Vian Dakhil im Rahmen einer Debatte vor dem UN-Sicherheitsrat in New York eine Rede. Die Rede Frau Dakhil´s wurde von den Staatsrepräsentanten als “extrem nachdrücklich” empfunden, so etwa der Repräsentant Großbritanniens. Vertreter weiterer Staaten dankten Frau Dakhil für ihre Anwesenheit und die Schilderungen über die Verbrechen der “Terrormiliz IS” an Minderheiten.

Unser Redakteur Ayad Al-Naser, Ressortleiter der arabischen ÊzîdîPress Ausgabe, hat die Rede Frau Dakhil´s vom Arabischen ins Deutsche übersetzt.

„Geehrter Herr Präsident,
meine Damen und Herren,

die Terrororganisation „Islamischer Staat“ stellt heute eine große Gefahr für die internationale Sicherheit und den Weltfrieden dar. Heute sind es die Iraker in all ihrer ethnischen, religiösen und konfessionellen Zugehörigkeit, die sich diesem Terror entgegenstellen. Mit größtem Bedauern muss ich sagen, dass die Minderheiten im Irak, Christen, Yeziden, die Mandäer und Turkmenen zu den größten Opfern des Vormarsches der Terrororganisation gehören. Und sie waren es auch, ausgelöst von den Verbrechen gegen sie, die sich diesem Terror entgegengestellt haben und ihn bekämpfen.

Verbrechen, die auf der Welt und in der Geschichte ihresgleichen suchen. Verbrechen gegen Frauen, Kinder und Greise. Das Zeitalter der Sklaverei haben sie durch die Entführungen, durch den Raub yezidischer Frauen und Kinder wiedereingeführt.

Diese Unmenschlichkeiten stellen die Vereinten Nationen vor eine moralische Verantwortung, vor ihrer juristischen Verantwortung gegenüber dem irakischen Volk und insbesondere vor den Minderheiten. Niemand aus meinem Volk der Yeziden, nicht die Christen, nicht die Mandäer, nicht die Shabak, nicht die Kurden, nicht die Turkmenen und nicht einmal die Schiiten sind von den Verbrechen verschont geblieben.

Alleine im (Camp) Speicher-Massaker wurden 1.500 schiitische Jugendliche getötet. An einem einzigen Tag. Es beweist, dass für die Terrororganisation „Islamischer Staat“ weder eine Religion und noch Menschlichkeit existiert. Dass der Islam für diese abscheulichen Taten nicht schuldig gemacht werden kann.

Herr Präsident,
ich möchte Ihnen und dem Präsidium einige Statistiken über die Verbrechen des IS im Irak an Yeziden vor Augen führen. Die Yeziden sind eine friedliche und unschuldige Gemeinschaft. Die Meisten von ihnen sind einfach Bauern, ihre Zahl im Irak wird auf etwa 600.000 geschätzt. 420.000 sind nun Flüchtlinge in der Autonomen Region Kurdistan, 8.000 weitere sind in den Flüchtlingslagern in der Türkei und Syrien.

5680 Frauen, Kinder und Greise werden vom IS gefangengehalten und versklavt. Etwa 1.000 Kinder im Alter von 4 bis 10 Jahren wurden gewaltsam aus den Händen ihrer Eltern entrissen und werden nun in Ausbildungslagern zu Terroristen herangezogen. 3.000 yezidische Frauen und Mädchen werden auf Sklavenmärkten im Irak und in anderen Ländern gekauft und verkauft. Nachdem man eine Yezidin physisch und psychisch gefoltert hat, verkauft man sie für umgerechnet 18$ weiter. Über 2.000 Yeziden wurden vom IS abgeschlachtet, aus einem einzigen Grund: Nur weil wir Yeziden sind, weil wir einer anderen Religion angehören.

In welchem Zeitalter leben wir?

Wir werden enthauptet, getötet, unsere Frauen versklavt, unsere Kinder werden uns weggenommen, ohne dass wir wissen, was nun aus ihnen wird.

Herr Präsident,
liebe Anwesenden,
es ist eine gute Erfahrung, heute hier sein zu dürfen und Ihnen von dem Leid meines Volkes mitzuteilen, auch um Ihnen die Forderungen vorzulegen, von denen wir wünschen, dass sie von den Vereinten Nationen unterstützt und verwirklicht werden. Denn Sie sind unsere letzte Rettung. Seit jeher werden wir aufgrund unserer Religion von terroristischen Organisationen heimgesucht […].

Unsere Forderungen lauten daher:

1. Das was den Yeziden widerfahren ist, muss als Völkermord anerkannt werden. Alles was uns angetan wurde, entspricht der juristischen Subsumtion des Begriffes des Genozids, alle Voraussetzungen sind erfüllt.

2. Internationalen Schutz für die Minderheiten in ihren Siedlungsgebieten, insbesondere für Yeziden, Christen und Shabak. Denn selbst wenn der Vormarsch des IS gestoppt werden kann, besteht weiterhin die Gefahr für Yeziden, von dieser Organisation und ihren Verbündeten weiterhin bedroht zu werden.

3. Ein Appell an die internationale Gemeinschaft, die Terrororganisation IS schnell und umfassend zu bekämpfen. Insbesondere in der Provinz Mosul, um die 3.000 festgehaltenen yezidischen Frauen und Kinder zu befreien, die dort den schlimmsten Gräuel ausgesetzt sind.

4. Die Aufrüstung der irakischen Streitkräfte sowie der Peshmerga, die heute für die gesamte Welt gegen den IS ankämpfen.

5. Den Wiederaufbau der Städte, die durch den Terror zerstört worden sind sowie die Untersuchung und Verurteilung all jener, die diesen Terror unterstützt und ihn insbesondere bei seinen Übergriffen auf die Minderheiten im Irak protegiert haben.

Ich danke Ihnen vielmals, zor sipas (kurd. Vielen Dank).“

© ÊzîdîPress, 29. März 2015