Sikeniyê. In der nordirakischen Region Shingal ist am Dienstag ein Krankenhaus durch Luftangriffe vollständig zerstört worden. Es war der zweite Luftangriff binnen 24 Stunden in der Region. Am Dienstagnachmittag seien gegen 13:05 Uhr Ortszeit zunächst zwei Luftschläge auf das Krankenhaus in der Ortschaft Sikeniyê im Südwesten der Shingal-Region erfolgt. Als Retter zur Bergung der Verletzten herbeieilten, erfolgte ein dritter Luftschlag. Bei dem Angriff kamen 8 Menschen ums Leben, weitere 4 wurden teils schwer verletzt. Die Türkei bombardiert die Region seit Jahren regelmäßig unter dem Vorwand, gegen die kurdische PKK vorzugehen.
Nach lokalen Angaben kamen bei dem Angriff in Sikeniyê vier medizinische Angestellte sowie vier Kämpfer der YBŞ ums Leben, vier weitere Personen seien verletzt worden. Das Krankenhaus, das von der YBŞ verwaltet wurde, wurde zur Versorgung der Zivilbevölkerung sowie auch der YBŞ-Kämpfer genutzt. Die YBŞ ist nach einer Einigung mit der irakischen Zentralregierung in die irakischen PMU-Kräfte implementiert worden und damit eine offizielle irakische Militäreinheit. Irakische Streitkräfte waren nur wenige Meter entfernt, als das Krankenhaus in Sikeniyê bombardiert wurde.
Am Montag erfolgte bereits ein Luftschlag gegen ein Zivilfahrzeug in Shingal, bei dem der êzîdîsche Politiker, militärischer Berater der YBŞ sowie Kommandeur der 80. Brigade der irakischen PMU-Einheiten Saîd Hassan getötet wurde. Hassans Neffe, der ihn begleitete, starb bei dem Drohnenangriff ebenfalls, ein weiterer Begleiter sowie drei Zivilisten wurden verletzt. Hassan befand sich auf dem Weg zu einem Treffen mit dem irakischen Ministerpräsidenten Al-Kadhimi, der an diesem Tag im Süden Shingals die Massengräber in der Ortschaft Kocho besuchte.
Der Angriff auf das Krankenhaus wird als Folge des Drohnenangriffes am Tag zuvor gesehen und galt offenbar dem Begleiter Hassans, einem YBŞ-Kommandanten, der den Drohnenangriff überlebte. Nach Angaben der YBŞ überlebte der Kommandeur auch diesen Angriff.
Die Bergungsarbeiten in Sikeniyê dauern noch an. Für die ÊzîdInnen in der Region bleibt die Lage weiterhin angespannt. Jederzeit könne ein weitere Angriff der Türkei erfolgen, fürchten die Überlebenden des IS-Völkermordes. Eine Rückkehr der seit über sieben Jahren in Flüchtlingslagern ausharrenden ÊzîdInnen rückt damit immer weiter in die Ferne. Die Türkei tritt in der Region unbehelligt von NATO-Partner und der internationalen Gemeinschaft als Aggressor auf, um die Region instabil zu halten und so ihre geopolitischen Ambitionen aufrechtzuerhalten – und dies, obwohl die ohnehin völkerrechtswidrigen Angriffe der Türkei durch die Zerstörung eines Krankenhauses ein klares Kriegsverbrechen darstellt.