Istanbul. Der ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomeos I., hat in der türkischen Metropole Istanbul erstmals eine êzîdîsche Delegation empfangen. Bei dem historischen Treffen empfing Bartholomeos in seiner Residenz in Fener am 27. August mehrere êzîdîsche Vertreter des Geistlichen Rates der Êzîden in Georgien (GRÊG). Die Delegation wurde von Pîr Dîma geführt, einem der bedeutendsten Intellektuellen und Geistlichen der êzîdîschen Gegenwart. Ihn begleitete unter anderem der Tempelwächter Sheikh Nuri Sheikh Rustem.
Während dem Treffen, dessen Atmosphäre beide Seiten als familiär beschrieben, wurden unter anderem theologische Fragen zum Êzîdentum und zur christlich-êzîdîschen Beziehung diskutiert. Bartholomeos I. erwähnte seine vielen Reisen nach Georgien und betonte seine guten Beziehungen zu Ilia II., dem Patriarch von Georgien, der immer wieder mit êzîdîschen Vertretern zusammenkommt. Bartholomeos I. sprach sein tiefes Beileid den Opfern des Völkermordes an den Êzîden durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ aus.
Pîr Dîma überbrachte dem Patriarch die Grüße der êzîdîschen Oberhäupter Mîr Tahsîn Beg und Baba Sheikh Kheto. Der Fokus des Gespräches lag vor allem auf die prekäre Situation der êzîdîschen Flüchtlinge in Griechenland. Die êzîdîsche Delegation bat die orthodoxe Kirche von Konstantinopel ihren Einfluss zur Verbesserung der dortigen Lebensbedingungen einzusetzen. Bartholomeos I. versprach, sich in der Problematik mit den orthodoxen Kirchen in Griechenland, die dem Patriarchen unterstehen, in Verbindung zu setzen und die Êzîden zu unterstützen. Ein offizielles Schreiben des Oberhauptes der orthodoxen Kirchen wird außerdem an die griechische Regierung gesandt, teilte Bartholomeos I. mit.
Der Geistliche Rat der Êzîden in Georgien ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, indessen Folge auch die êzîdîsche Religion offiziell vom georgischen Staat anerkannt wurde. Der GRÊG handelt zudem mit Bevollmächtigung des obersten Religösen Rates der Êzîden in Lalish.
In den vergangenen sechs Jahren hat sich der GRÊG als repräsentatives Organ etabliert und sich der freundschaftlichen Beziehung mit religiösen Führern verschiedener Religionen verschrieben. International wirbt die Organisation für mehr Aufmerksamkeit für die êzîdîsche Gemeinschaft und publiziert unter anderem Lehrbücher. Der GRÊG organisierte etwa auch das Treffen des religiösen Oberhauptes der Êzîden mit Papst Franziskus im vergangenen Jahr. In Georgien pflegt der GRÊG gute Beziehungen zum christlichen Patriarchen Ilia II. sowie dem armenischen Patriarchen Karekin II. Nersissan. Ein Treffen mit dem Vertreter des schiitischen Klerikers Ayatollah Sistani kam ebenfalls letztes Jahr zustande.
© ÊzîdîPress, 29. August 2016