Vian Dakhil fordert für den abgesetzten Peshmerga-Minister die Todesstrafe (Mohammed Sawaf/AFP)
Vian Dakhil fordert für den abgesetzten Peshmerga-Minister die Todesstrafe (Mohammed Sawaf/AFP)


Duhok. Die êzîdîsche Politikerin Vian Dakhil (PDK) hat die Todesstrafe für den 2015 abgesetzten Peshmerga-Minister gefordert. In einem Interview mit der kurdischen Nachrichtenagentur NRT sagte Dakhil, dass als Konsequenz der Flucht der Peshmerga in Shingal und dem somit ermöglichten Völkermord an den Êzîden, der damalige „Peshmerga-Minister verantwortlich sei und erhängt werden müsse“. Sie reagiert damit auf einen eskalierten Streit zwischen den Parteien Goran und der PDK, der Dakhil angehört. Beide werfen sich gegenseitig vor, für das Versagen der Peshmerga in Shingal verantwortlich zu sein.

Der ehemalige Peshmerga-Minister Mustafa Said Kadir (Goran) wurde im Oktober letzten Jahres abgesetzt, nachdem die PDK das kurdische Parlament lahmlegte. Die Goran-Partei widersprach der Darstellung Dakhils. Der Peshmerga-Minister sei für die 14. Brigade verantwortlich gewesen, die dem Peshmerga-Ministerium direkt unterstehe. Bei den in Shingal stationierten Peshmerga habe es sich jedoch um Milizen der PDK-Partei gehandelt, die nicht unter der Verantwortung des Ministers standen.

Tatsächlich waren in Shingal am 3. August 2014 vor allem PDK-Peshmerga stationiert, die die Flucht ergriffen, als der IS die Region stürmte und die Êzîden um Hilfe baten. Nachweislich handelte es sich bei den Generälen und Kommandeuren der in Shingal stationierten Peshmerga um bekannte PDK-Funktionäre. Das Oberkommando über diese Truppen obliegt dem, seinerzeit noch legitimen, Präsidenten der Autonomen Region Kurdistan Massoud Barzani (PDK), dem Parteivorsitzenden Dakhils. Eine Liste mit Namen von 14 PDK-Verantwortlichen veröffentlichte die Goran-Partei ebenfalls und forderte, dass diesen der Prozess gemacht und die Schuldigen schließlich „im Shingal-Gebirge standrechtlich erschossen werden sollen“.

Weshalb die PDK auch zwei Jahre nach dem Völkermord ihre Verantwortlichen, die über Nacht aus Shingal flohen und die êzîdîsche Zivilbevölkerung somit dem „Islamischen Staat“ auslieferten, nicht bestraft oder ein Verfahren gegen sie eingeleitet hat, erklärte Dakhil nicht. Ihr Schweigen wird innerhalb der êzîdîschen Gemeinschaft zunehmend kritisiert und als parteipolitisches Kalkül verstanden.

Rund 11.000 in Shingal und Umgebung stationierte PDK-Peshmerga ergriffen noch vor Frauen und Kindern die Flucht. Die UN-Untersuchungskommission fordert in einem ausführlichen Bericht daher eine öffentliche und transparente Untersuchung zur Klärung der Umstände und stellte die Flucht der Peshmerga als einzige Schutzmacht als ursächlich für den Völkermord fest.

Dass der Völkermord und die Mitverantwortung der Peshmerga nun für einen parteipolitischen Streit genutzt wird, wird eine Aufarbeitung innerhalb der Autonomen Region Kurdistan wesentlich erschweren.

© ÊzîdîPress, 08. August 2016