Bombardement der YBŞ-Ausbildungsstätte durch türkische Kampfjets am 25. April 2017 (SC/AA)
Bombardement der YBŞ-Ausbildungsstätte durch türkische Kampfjets am 25. April 2017 (SC/AA)


Shingal. Der türkische Luftangriff in der nord-irakischen Region Shingal von Dienstagnacht hat mehreren Menschen das Leben gekostet. Wie das kurdische Peshmerga-Ministerium bestätigte, seien bei einem Luftschlag fünf Peshmerga getötet und weitere verletzt worden. Die êzîdîsche YBŞ-Führung sprach von einem getöteten Zivilisten und einem verletzten YBŞ-Kämpfer auf ihrer Seite. Unterdessen verurteilte die kurdische Autonomieregierung den türkischen Angriff, macht jedoch die PKK-Präsenz in Shingal für die völkerrechtswidrigen Luftschläge der Türkei verantwortlich und fordert erneut einen Rückzug der PKK-Truppen.

Der irakische Außenminister veröffentlichte eine Erklärung zu den Angriffen und verurteilte sie als „Verletzung der irakischen Souveränität“ und fordert die internationale Gemeinschaft zum Handeln auf. Ob und gegebenenfalls wie der Irak darauf regieren wird, ist bisher unklar. Auch kurdische Oppostionsparteien haben die UN sowie die Anti-IS-Koalition aufgefordert, auf die türkischen Angriffe entsprechend zu reagieren.

Von den türkischen Bombardements waren die Gebiete in Um-Diban, der Barzan-Hügel, die Gebirgszufahrt von Karsê, eine PKK-Stellung nahe Bara, Merkez Shingal und der Gebirgsgipfel Çil Mera betroffen. Die YBŞ-Ausbildungsstätte „Dewreshe Evdi“ wurde dabei vollkommen zerstört. Dort wurden seit 2014 hunderte ÊzîdInnen für den Kampf gegen die Terrormiliz „Islamische Staat“ ausgebildet. Ein weiterer Luftschlag beschädigte Teile des „Märtyrer-Friedhofs“ der PKK und YBŞ. Ein weiterer Angriff konzentrierte sich auch auf den Funkmast unweit dem Gipfel des Shingal-Gebirges (Çil Mera), wo sich viele êzîdîsche Flüchtlinge aufhalten.

Sowohl die PKK als auch die Peshmerga haben hier Stützpunkte. Während die Peshmerga andeuteten, bei dem Beschuss ihrer Position habe es sich vermutlich um einen gezielten Angriff gehandelt, liegt eher der Schluss nahe, dass es sich dabei um einen Kollateralschaden handelt. Der PKK-Funkmast, der zuerst getroffen wurde, als auch die bombardierte Stellung des militärischen Geheimdienstes der Peshmerga liegen keine 50 Meter voneinander entfernt. Die letzte der türkischen Rakete hätte dann die Peshmerg getroffen. Alle fünf getöteten Peshmerga waren Mitglieder des militärischen Geheimdienstes.

Das türkische Militär hat unterdessen ein Video der nächtlichen Bombardements veröffentlicht, die den Angriff auf den Funkmast in Shingal, die Ausbildungsstätte der YBŞ und die Beschädigung des Friedhofs zeigen. Die êzîdîsche Verteidigungskraft Êzîdxans (HPÊ) unter der Führung Heydars Sheshos verurteilte den türkischen Angriff als „kriminellen Akt“, der „vorsätzlich das Leben von Zivilisten in Gefahr gebracht“ habe.

Sowohl die Türkei als auch die PDK-geführte kurdische Autonomieregierung im Nordirak fordern einen Abzug der PKK aus der Shingal-Region. Beide Seiten signalisierten jedoch, dass auch die êzîdîsche YBŞ sich auflösen müsse, die sie als PKK-Ableger betrachten. Innerhalb der YBŞ kämpfen etwa 3.000 ÊzîdInnen, die selbst aus Shingal stammen und seit dem Völkermord an den Êzîden gegen die IS-Terrormiliz kämpfen. Ein Abzug dieser Einheiten ist daher unwahrscheinlich. Die YBŞ erklärte mehrfach, dass sie weder ihre Waffen niederlegen noch die Region – ihre eigene Heimat – verlassen werde.

© ÊzîdîPress, 25. April 2017