[I]rak. Die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) hat am vergangenen Freitag nahe der nordirakischen Stadt Mosul ein Massaker an êzîdîschen Gefangenen verübt. Nachdem seit Tagen über das Schicksal von bis zu 600 gefangenen und zuletzt verschleppten Êzîden spekuliert wurde, haben irakische und kurdische Geheimdienstkreise die Massaker gegenüber ÊP bestätigt. Demnach wurden bis zu 80 Êzîden nahe Mosul hingerichtet, auch Dutzende schiitische Gefangene sollen die IS-Terroristen nach dem Freitagsgebet in einer „Strafaktion“ getötet haben.
Die nicht-staatliche irakische Kommission für Menschenrechte bestätigte das Massaker und sprach von rund 70 getöteten Êzîden. Medienberichte, wonach bis zu 300 Êzîden getötet worden sein sollen, konnten bislang nicht bestätigt werden. Arabische Medien beriefen sich fast ausschließlich auf den Gouverneur von Mosul, Atheel Al-Nujaifi, der von „hunderten Opfern“ sprach. Der irakische Vizepräsident Osama al-Nujayfi verurteilte den Massenmord der „Terrorbande“.
Im August 2014 entführte die Terrormiliz bis zu 7.000 Êzîden, darunter vor allem Frauen und Kinder. In Tal Afar, einer Hochburg des IS westlich von Mosul, separierten die IS-Terroristen in der vergangenen Woche rund 600 êzîdîsche Männer und Jungen ab 14 Jahren und verschleppten sie offenbar in ein Gefängnis nahe Mosul. Die Maßnahme erfolgte, nachdem Dutzende Êzîden aus Tal Afar befreit wurden und/oder fliehen konnten. Zumeist mithilfe arabischer Mittelsmänner und Menschenhändler gelangten in den vergangenen Wochen über 150 êzîdîsche Gefangene in Freiheit. Gegen diese Entwicklung ist die Terrormiliz nun mit voller Härte vorgegangen.
Der êzîdîschen Menschenrechtsaktivistin Nareen Shammo zufolge hat die Terrormiliz ebenfalls am vergangenen Freitag acht Êzîden und sunnitisch-turkmenische Schmuggler hingerichtet. Das Schicksal hunderter Frauen und Kinder, die ebenfalls aus Tal Afar verschleppt wurden, ist ungewiss. Unbestätigten Berichten zufolge sollen die Frauen in südlichere Regionen von Shingal deportiert worden sein, während die Kinder nach Syrien, in vom IS stärker kontrollierte Gebiete, gebracht wurden.
Die êzîdîsche Gemeinschaft warnt indes vor weiteren Massakern an den Gefangenen. Der Zentralrat der Yeziden in Deutschland fordert in einer Pressemitteilung die internationale Gemeinschaft auf, alle Mittel zur Verhinderung weiterer Massaker auszuschöpfen. Neun Monate nach Beginn des Völkermordes der IS-Terrormiliz gegen die êzîdîsche Bevölkerung im Nordirak und unzähligen Verurteilungen der Verbrechen, setzt die Terrormiliz abermals mit Ankündigung ihre Gräueltaten fort.
Über 5.000 Êzîden hat die Terrormiliz seit dem Beginn ihres Vernichtungsfeldzuges im Nordirak getötet, hunderte starben im Shingal-Gebirge, wo sie im August vor der Terrormiliz Schutz suchten. Bis zu 7.000 Frauen, Kinder und Männer entführten die IS-Terroristen. Etwa 440.000 der weltweit rund 800.000 Êzîden wurden aus ihrem traditionellen Siedlungsgebiet in Shingal vertrieben. Das Vorgehen der Miliz des selbsternannten Gottesstaates gegen die êzîdîsche Minderheit veranlasste US-Präsident Obama zur Anordnung von Luftschlägen, die heute von einer breite Anti-IS-Koalition im Irak und Syrien durchgeführt werden.
Die UN-Menschenrechtskommission dokumentierte die Verbrechen der IS-Terrormiliz im Irak und sprach von einem Genozid an der êzîdîschen Bevölkerung. Das Vorgehen der IS-Terroristen sei darauf ausgerichtet, die Êzîden „als Gruppe zu vernichten“. Vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wollen Êzîden am kommenden Mittwoch für eine Anerkennung des Genozids und eine strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen demonstrieren.
© ÊzîdîPress, 3. Mai 2015