Shingal. „Wenn ich sterbe, dann möchte ich zwischen den Êzîden in ihrem heiligen Land begraben werden“, sagte der US-amerikanische Philantrop, Lehrer und Aktivist, den die Êzîden respektvoll Mr. Lee nannten. Mr. Lee, bürgerlich Leland Stanford Scott, der unzählige Êzîden in der englischen Sprache unterrichtete und als Betreuer in einem für Flüchtlinge gebauten schwedischen Gesundheitszentrum mitwirkte, verstarb kürzlich unerwartet an einem Herzinfarkt.
Mr. Lees Hingabe für die Menschen, für die Flüchtlinge im Flüchtlingslager von Bayed Kandal ließ ihn unter den êzîdîschen Flüchtlingen zu einem Helden werden. Für die Êzîden war der 67-Jährige mehr als nur ein Helfer aus dem Ausland. Mr. Lee repräsentierte in der schwersten Stunde der êzîdîschen Geschichte das, wonach sich dieses Volk sehnt: Freundschaft, Halt und Sicherheit. Aufopferungsvoll kümmerte er sich intensiv um die Belange der êzîdîschen Flüchtlinge. Seine Familie übermittelte den Êzîden schließlich die Nachricht seines letzten Wunsches, die diesem ohne zu zögern nachkamen.
Als erster Ausländer überhaupt wurde Mr. Lee heute an der Pilgerstätte Sherfedin, die wie kein anderer Ort für den Widerstand der Êzîden und ihre alte Geschichte steht, beigesetzt. In Shingal, der traditionellen Heimat der Êzîden, versammelten sich hunderte Menschen. KämpferInnen und Kämpfer der Verteidigungskraft Êzîdxans (HPÊ) sowie Kommandeure trugen mit militärischen Ehren seinen Sarg zu Grabe. An einem Ort, an dem sonst nur Êzîden beigesetzt werden dürfen. Nur legendäre Persönlichkeiten, Kämpfer und Würdenträger werden in der Regel an der heiligen Pilgerstätte bestattet. Mehrere Medien waren ebenfalls anwesend, um diesen in der êzîdîschen Geschichte einmaligen Moment festzuhalten.
Flüchtlinge aus Bayed Kandal berichten, wie Mr. Lee über Monate hinweg mit den Êzîden gelebt hat und dieses unterdrückte Volk in sein Herz schloss. Sowohl in Bayed Kandal als auch in Shingal erinnerten die Êzîden mit Trauerzeremonien an Mr. Lee.
„Es ist uns eine Ehre, Mr. Lee hier inmitten unserer Heimat, unserer Ahnen und Helden zu bestatten“, sagte ein Kämpfer der HPÊ. „Er war für die Êzîden ein heller Stern der Menschlichkeit, in einer Zeit, in der sie die dunkelsten Gräuel erdulden müssen“.
© ÊzîdîPress, 21. Juli 2016