Erbil (Kurdistan) – Taktlos, geschmacklos, unverschämt, menschenverachtend: Worte, die während eines Völkermordes die êzîdîsche Gesellschaft weltweit erzürnen. Der kurdische Islamgelehrte Dr. Abdûl Latif antwortet in einer Diskussionssendung des kurdischen Fernsehsenders Rûdaw TV auf eine Frage des Moderators damit, dass die Êzîden und damit die von der IS getöteten Kinder, Frauen und Männer in Shingal in die Hölle kämen, weil sie Ungläubige seien.
Dr. Abdûl Latif zufolge, einem der prominentesten Prediger in Südkurdistan, kommen nur Menschen in das Paradies, die das islamische Glaubensbekenntnis vor ihrem Tod aufgesagt haben und damit Muslime geworden sind. Es ist nicht das erste Mal, dass Dr. Abdûl Latif und viele weitere kurdische Islamgelehrten gegen die Êzîden hetzen, ohne bisher dafür zur Rechenschaft gezogen worden zu sein. So predigte der ebenfalls kurdische Islamgelehrte Dr. Abdul Wahid an der Islamfakultät der Universität von Silêmanî in Kurdistan noch vor wenigen Monaten, dass die Êzîden „Ungläubige“ sind, das Böse anbeten und auch keine Kurden seien.
Ein enger vertrauter von Dr. Abdûl Latif, Mala Ali Kalak wird in Kurdistan unter einigen Muslime als islamischer Heiler geehrt, der unter anderem seinem Urin heilende Wirkung zuschreibt und ihn verkauft. Um dies unter Beweis zu stellen, trank er vor laufender Kamera ebenfalls auf dem Sender Rûdaw TV seinen eigenen Urin.
Trotz der bisher relativ weltoffenen und moderaten Bevölkerungsmehrheit Kurdistans, haben Hassprediger wie Dr. Abdûl Latif steigenden Einfluss und Zulauf. Mit einem Netzwerk salafistischer Prediger über ganz Südkurdistan verteilt, verbreiten diese Hassprediger ihre anti-êzîdîschen Ansichten.
Derartige Aussage während eines Völkermordes an den Êzîden führen zurecht zu Zorn innerhalb der êzîdîschen Gesellschaft. Unabhängig der theologischen Korrektheit jener Aussage, ist es geschmacklos und menschenverachtend, verbal über unschuldige getötete Kinder herzufallen. Auch der kurdische Sender Rûdaw TV muss sich ernsthaft die Frage stellen, was man mit der Einladung eines bekannten salafistischen Hasspredigers bezwecken will – außer der Aussicht auf höhere Einschaltquoten.
êzîdîPress, 30. Aug. 2014