Ottawa. Die kanadische Regierung wird bis Jahresende weitere 400 Genozid-Opfer aufnehmen. Dies teilte der Minister für Einwanderung, Flüchtlinge und Staatsbürgerschaft Ahmed Hussen kürzlich mit und bestätigte, dass die Regierung damit ihrer Verpflichtung nachkommen wird. Man sei „auf dem Weg“ die restlichen 400 Personen der versprochenen 1.200 aufzunehmen, teilte die Sprecherin des IRCCs Nancy Caron mit.
Im Laufe des Jahres wurden bereits 800 Personen, darunter vor allem êzîdîsche Frauen und Kinder, die Opfer des Völkermordes im Irak wurden, aufgenommen. Unterdessen werden die Rufe nach einer Erhöhung der Quote für nächstes Jahr laut. „1.200 ist so eine geringe Zahl im Vergleich zur Größe und des Ausmaßes des Genozids, der in ihrer Gemeinschaft geschehen ist“, erklärte Majed El Schafie, Präsident der internationalen Menschenrechtsorganisation OFW.
Im Februar diesen Jahres folgte die kanadische Regierung einem Beschluss des Parlamentes zur Aufnahme von vorwiegend êzîdîschen Genozid-Opfern der Terrormiliz „Islamischer Staat“. Das Programm, dass sich am Baden-Württembergischen Modell orientiert, ist weltweit das zweite, dass speziell für êzîdîsche Völkermord-Opfer initiiert wurde. Versklavten êzîdîschen Frauen und Kindern, die aus der Gefangenschaft des IS fliehen oder befreit werden konnten, soll mit psychologischer Betreuung eine Rückkehr ins Leben ermöglicht werden.
Am 3. August 2014 überfielen Terroristen des IS das Hauptsiedlungsgebiet der Êzîden im Nordirak. Nach Angaben der UN wurden in der Region Shingal mindestens 5.000 Êzîden ermordet und bis zu 7.000 Frauen und Kinder, darunter viele minderjährige Mädchen, verschleppt, versklavt und anschließend systematisch vergewaltigt. Schätzungen zufolge wurden etwa 1.000 êzîdîsche Jungen in militärischen Ausbildungslagern zu Selbstmordattentätern und Kämpfern des IS gedrillt. Ziel des IS sei gewesen, „die Êzîden als Gruppe zu vernichten“, wie die UN-Untersuchungskommission in ihrem Bericht erklärte. Und noch immer befinden sich etwa 2.000 ÊzîdInnen in Gefangenschaft des IS im Irak und Syrien.
Der UN-Menschenrechtsrat, das Europäische Parlament, die parlamentarische Versammlung des Europarates, die US-Regierung, das britische Parlament sowie eine Reihe weiterer Staaten haben den Völkermord in nahezu allen Tatbestandsmerkmalen als solchen anerkannt. Maßnahmen des UN-Sicherheitsrates blieben bisher aus. Êzîden fordern die Einsetzung eines Tribunals zur Verfolgung der IS-Terroristen vor dem Internationalen Strafgerichtshof.
© ÊzîdîPress, 27. Oktober 2017