Nachdem gestern Abend eine êzîdîsche Familie im Dorf Til Geseb, das ca. 30km südlich von Shengal (Sindschar) liegt, nahezu ausgerottet wurde (Bericht), drohen Islamisten der Islamischer Staat Irak und Syrien den Êzîden in Shingal mit weiteren Angriffen. Die Islamisten weiten damit den Krieg in Syrien auf Shingal aus, das aufgrund seines politisch wie sicherheitstechnisch labilen Status ein geeigneter Rückzugsort für die Islamisten ist. Vor wenigen Tagen wurde die kurdische Stadt Erbil von mehren Selbstmordanschlägen schwer getroffen, wobei sechs Menschen getötet und über 40 teils schwer verletzt wurden. Zu diesem Anschlag bekannten sich ebenfalls die Islamisten.
Der Status der Region Shingal, die zu ca. 80% von Êzîden besiedelt ist, ist umstritten. Sowohl die Autonome Region Kurdistan als auch der Irak beanspruchen die Region für sich. Der Status sollte per Art. 140 Volksentscheid entschieden werden. Dies sollte bereits im Jahr 2005 geschehen, wurde jedoch bis heute immer wieder aufgrund politischer Differenzen verschoben.
Im Jahr 2006 wurde Shingal ein Massaker an der êzîdîschen Bevölkerung verübt. Vier mit Sprengstoff beladene LKWs zerstörten zwei Dörfer fast vollständig. Bei diesem zweitschwersten Bombenanschlag der jüngeren Geschichte wurden über 700 Êzîden getötet und über 1.500 Menschen schwer verletzt.
Shingal ist seit Jahrtausenden traditionelles Siedlungsgebiet der Êzîden. In der gesamten Region leben schätzungsweise 500.000 Êzîden, nur vergleichsweise wenige Êzîden leben in den Gebieten der Autonomen Region Kurdistan (Sheikhan-Gebiet).
êzîdîPress, 18.10.2013
LM/HM