Hamburg. Die Witwe des Terroristen Denis Cuspert, besser bekannt unter seinem Rapper-Namen „Deso Dogg“, der dem Führungszirkel der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) in Syrien angehörte, ist nach Deutschland zurückgekehrt. Und lebt in Hamburg ein offenbar unbehelligtes Leben. Öffentlich gemacht haben das nicht etwa deutsche Sicherheitsbehörden, sondern die arabische Journalistin Jenan Moussa. In Syrien entdeckte sie vor Monaten das auf der Flucht offenbar verloren gegangene Handy der 34-jährigen Omaima Abdi, auf dem sich nach Angaben Moussas circa 36GB-Daten befinden. Die Journalistin macht sich mit ihrem Team auf die Reise nach Deutschland und spürt Abdi nicht etwa in einer Gefängniszelle auf, sondern auf freiem Fuß in Abdis Geburtsstadt Hamburg.

IS-Terroristin Omaima Abdi (Alan TV/YouTube)

Am 13. Januar 2015 reist Abdi zusammen mit ihren Kindern nach Syrien. Auf ihrem Smartphone lässt sie ihren Sohn später in IS-Uniform und Waffe posieren, die Tochter mit IS-Kleidung. Kurz darauf hebt das Jobcenter Frankfurt am Main, das von der Ausreise Abdis nach Syrien Kenntnis hatte, ihren Leistungsbescheid auf. Spätestens seit März 2015 befindet sich Abdi dann in Syrien, wie die Bilder auf ihrem Smartphone belegen.

Frei und unbehelligt scheint Abdi nach ihrer Rückkehr aus Syrien im Hamburger Stadtteil Neugraben-Fischbek zu leben. Offensichtlich so unbehelligt, dass sie sich auf einem Online-Berufsportal registriert und dort als „freie Dolmetscherin“ und „Event-Managerin“ zu erkennen gibt. An ihre Karriere als Terroristen innerhalb des IS erinnert im ersten Moment nichts. 24.634 Dateien, darunter Bilder die die IS-Terroristin Omaima Abdi mit einer Waffe zeigen, zeichnen ein anderes Bild. Kurz nach der Veröffentlichung durch Janan Moussa deaktiviert Abdi ihr Profil, das auch ihr Gesicht zeigte. Zahlreiche persönliche Dateien vom Smartphone Abdis wurden auf der Nachrichtenseite Al-Alan chronologisch veröffentlicht. Diese und weitere Dateien könnten auch Hinweise auf andere aus Deutschland ausgereiste IS-Terroristen geben.

Wie kann es sein, dass die Frau eines IS-Führungsmitgliedes nach Deutschland zurückkehrt und jenes Leben in Frieden lebt, das sie mit ihrer Terrororganisation tausenden Menschen im Irak und Syrien verwehrte? Dass die deutschen Sicherheitsbehörden nicht auf Omaima Abdi aufmerksam geworden sind, ist unwahrscheinlich. Abdi radikalisierte bereits in den Jahren vor dem „Islamischen Staat“ und war zunächst mit dem ebenfalls nach Syrien gereisten IS-Terroristen Nader Hader verheiratet, mit der Abdi mehrere Kinder hat. Mit diesen Kindern reiste Abdi ihrem Ehemann Hader, der in der salafistischen „Lies!“-Bewegung in Deutschland aktiv war, später hinterher. Nader wurde 2015 während Kämpfen in der kurdischen Stadt Kobane im Norden Syriens getötet. Anschließend heiratet Abdi den ebenfalls aus Deutschland stammenden IS-Terroristen Denis Cuspert.

Die Hamburger Polizei antwortete auf die Enthüllungen von Moussa nur lapidar, der Sachverhalt sei bekannt. Warum Abdi nach nun eindeutig vorliegenden Beweisen, die etwa die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung belegen, nicht verhaftet wird, bleibt unklar. Die Staatsanwaltschaft Hamburg erklärte gegenüber dem deutschen Journalisten Lars Wieland am Montag, dass bisher kein Ermittlungsverfahren gegen die IS-Terroristin Abdi eingeleitet worden sei. Gründe seien keine bekannt gegeben worden. Seit wann sich Abdi wieder in Deutschland befindet, ist ebenfalls nicht bekannt.

Dass eine IS-Terroristin, die als Mitglied einer Terrororganisation für Völkermordverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und zahlloser Morde verantwortlich ist, sich in der Bundesrepublik frei bewegen kann, erschüttert vor allem êzîdîsche Opfer der Terrormiliz. Dass Recht und Gerechtigkeit des Öfteren auseinander klaffen, zeigt sich am Beispiel Omaima Abdis. Während sie nach dem „Abenteuer Völkermord“ aus Syrien nach Deutschland zurückkehrt und ihrem Leben fröhnt, als sei nie etwas geschehen, leiden ihre Opfer bis heute.