IS-Terroristen bei einem Hinterhalt auf irakische Grenzwächter in Anbar
IS-Terroristen bei einem Hinterhalt auf irakische Grenzwächter in Anbar

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Shingal (Irak) – Mit einer Offensive ist es der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) in der schwer umkämpften Region Shingal im Nordirak gelungen, die êzîdîschen Widerstandskämpfer zu umzingeln. Dort kontrollieren die Êzîden nun nur noch die Dörfer bzw. Gemeinden Duhola, Borek und die Pilgerstätte Sherfedîn nördlich vom Gebirge. Für einen Befreiungsschlag aus dem 15km umfänglichen IS-Belagerungsring fehlt es ihnen weiterhin an Waffen und direkter Unterstützung. Die sporadischen Luftschläge der USA erfolgen vor allem im Süden, wo derzeit kaum Aktivitäten der êzîdîschen Kämpfer erfolgen.

Die im Süden des Gebirges stationierte Widerstandseinheit Shingal YBŞ konzentriert sich auf die Verteidigung wichtiger Zufahrtsstraßen und einer bedeutungsvollen Pilgerstätte. Luftschläge nahe der Pilgerstätte Sherfedîn habe es nicht gegeben, so ein êzîdîscher Kämpfer der Heydar Shesho Einheit. Die Luftschläge erfolgten dem US-Verteidigungsministerium nach vor allem im Nordosten der Region, wo Peshmerga Einheiten in Rabia unterstützt werden. Eine mehrfach in den vergangenen Wochen angekündigte Offensive der Peshmerga zur Unterstützung der êzîdîschen Kämpfer in Shingal ist bislang nicht erfolgt.

Kommandeure der Êzîden: Heydar Sheso und Sheikh Dawud (re.)
Kommandeure der Êzîden:
Heydar Sheso (mitte) und Sheikh Dawud (re.)

Kämpfer der Êzîden erheben aufgrund der leeren Versprechungen daher schwere Vorwürfe gegen die kurdische Regierung in Erbil. „Es scheint, dass die PDK Regierung abwartet, bis die Pilgerstätte Sherfedîn unter der Kontrolle des IS steht und sie erst dann einschreiten werden, um sich als Befreier von Shingal feiern zu lassen“, kritisiert ein Kämpfer die zögernde Haltung. Peshmerga Kommandeure üben sich hingegen in Floskeln: Man werde „bis zum Tod“ für die Befreiung Shingals kämpfen, wie BasNews berichtet.

Um die IS-Terroristen, die den Ring um die Êzîden immer enger ziehen, zurückdrängen zu können, fehlt es weiterhin an panzerbrechenden Waffen. Selbst die wenigen, kleinkalibrigen Waffen vom Typ AK 47, die die Êzîden erhalten, seien teilweise Jahrzehnte alt und nicht zu gebrauchen. Erst kürzlich lieferte die kurdische Regierung per Hubschrauber 120 Kalaschnikows, die teilweise 30 Jahre alt sind. „Eine Waffe ist nach dem ersten Schuss sofort auseinander gefallen. Die kurdische Regierung behält die Waffen aus dem Westen für sich und liefert uns den größten Schrott! Wir kämpfen hier an der vordersten Front“, erklärt ein êzîdîscher Kommandeur in Sherfedîn êzîdîPress telefonisch. „Selbst die Panzerabwehrraketen [vom Typ RPG; Anm. d. Red.] sind nicht zu gebrauchen“, hieß es in der Erklärung weiter.

Eine Lieferung moderner Waffen der irakischen Zentralregierung sei zudem nie an die Êzîden geliefert worden, weil sie zunächst nach Erbil gesandt wurde. Auch Matthew Barber, Publizist und Aktivist der sich vor Ort aufhält, bestätigte derartige Behauptungen und erklärte, dass die Regierung in Erbil die Hälfte der Waffen zurückbehalte, die für die Êzîden bestimmt seien.

Indes haben sich die êzîdîschen Kämpfer in Sherfedîn und den zwei weiteren Dörfern im Norden verschanzt und versuchen mit vereinzelten Aktionen den Vormarsch des IS zu stoppen. Die hochgerüsteten IS-Terroristen werden durch weitere Truppen aus den angrenzenden Regionen Syriens und der Region Anbar südlich von Shingal verstärkt. Durch die Offensiven im Norden von Shingal ist es dem IS gelungen die Kontrolle über weite Teile in der Region zu erringen.

êzîdîPress, 08. Okt. 2014