[M]osul. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) verschleppt nach den jüngsten Niederlagen im Nordirak nun offenbar weitere versklavte Frauen nach Syrien. Mehrere ÊzîdîPress Informanten, die mit Augenzeugen in den entsprechenden Städten und Dörfern in Kontakt stehen, bestätigen, dass die Terroristen seit zwei Tagen entführte ÊzîdInnen in Busse und auf andere Transportmittel verladen und wegführen.
„Sie sind mit langen Bussen vorgefahren und haben Frauen und Mädchen einsteigen lassen. Wohin sie dann gefahren sind, weiß ich nicht“, berichtet ein Augenzeuge und Anwohner telefonisch. Eine der entführten Frauen, mit denen unser Korrespondent zuvor noch sprechen konnte, bestätigte schließlich, dass man sie nach Syrien bringen wird: „ich habe gehört, wie sie untereinander gescherzt haben, dass sie uns nach Syrien bringen und dort ihren „Brüdern“ vorführen und verkaufen werden. Ich habe Angst, alle haben Angst.“
Aus Sicherheitsgründen können die exakten Ortsnamen, die uns vorliegen, nicht genannt werden. Es handelt sich jedoch um Familien, Frauen, Mädchen und Kinder, die in den Städten und Gemeinden von Mosul, Tel Afar, Baaj, Kucho sowie in Regionen von Anbar gefangen gehalten werden. In Mosul sollen bis zu 800 ÊzîdÎnnen festgehalten werden, in Tel Afar bis zu 450, etwa 250 Familien in Kasir A., 600 Personen in Kucho und rund 1.500 Personen in Gefängnissen in Baaj. Weitere werden nahe Bagdad von den IS-Terroristen festgehalten. Die Zahlen stammen von Anwohnern vor Ort, zumeist sunnitische Araber.
Grund für die erneuten Verschleppungen könnten die vermehrten Gebietsverluste und Luftschläge in den Regionen des Nordirakes sein. Bereits vorgestern berichtete ein ÊzîdîPress-Korrespondent von panikartigen Szenen aus Tel Afar. Dort sollen die IS-Terroristen nach massiven Luftschlägen und Verlusten in Zummar, Shingal, Mosul sowie südlich von Mosul begonnen haben, mit Fahrzeugen in unbestimmte Regionen aufzubrechen.
Schätzungen zufolge befinden sich bis zu 7.000 Frauen, Mädchen und Kinder in der Gewalt des IS, der in einem Magazin die „Wiederbelebung der Versklavung“ der Frauen als „Kriegsbeute“ mit dem islamischen Recht legitimiert. Die Frauen werden unter den Kämpfer des IS aufgeteilt und wie Ware verkauft. Die Frauen wurden am 3. August entführt, nachdem die Terrormiliz das Hauptsiedlungsgebiet der Êzîden Shingal im Nordirak überrannten, darunter zahlreiche minderjährige Mädchen. Neben den êzîdîschen befinden sich auch viele schiitische und teilweise christliche Frauen in der Gewalt des IS.
In den vergangenen Monaten haben Berichte befreiter Frauen und Mädchen die Brutalität der Extremisten offenbart und für weltweites Entsetzen gesorgt. Mehrfach am Tag werden die Frauen vergewaltigt, mit IS-Terroristen zwangsverheiratet und/oder als Sexsklaven an Dritte weiterverkauft. In Raqqa, der syrischen Hochburg der Terrormiliz, haben Aktivisten den Verkauf von êzîdîschen Frauen nach ersten Berichten bestätigt.
Die Aufenthaltsorte der meisten Frauen, Mädchen und Kinder sind zwar bekannt, ihre Befreiung gestaltet sich jedoch äußerst schwierig. Oft bezahlt man sunnitische Araber, die die Frauen „kaufen“ und anschließend den Familien übergeben. Zu ernsthaften Befreiungsmaßnahmen ist es allerdings noch nicht gekommen.
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êzîdîPress, 29. Okt. 2014