Êzîdîscher Kommandeur Sheikh Kheri Mirad Sheikh Khidir
Êzîdîscher Kommandeur Sheikh Kheri Mirad Sheikh Khidir in Shingal. Mehrere Monate kämpfte er gegen die Terrormiliz IS. Er rettete Tausenden das Leben und opferte dafür sein eigenes. Für Êzîden gilt er als Held.


Mit seinen furchtlosen Einsatz rettete er Tausende von Zivilisten vor den mordenden Schergen der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) in Shingal. Vor einem Jahr, am 22. Oktober 2014, opferte der êzîdîsche Kommandeur Sheikh Kheri Mirad Sheikh Khidir dafür sein Leben.

Als die Terrormiliz IS am 3. August 2014 das Hauptsiedlungsgebiet der êzîdîschen Minderheit im Nordirak überfällt, fliehen die in der Shingal-Region zum Schutz der Êzîden stationierten Peshmerga und überlassen hunderttausende Zivilisten ihrem eigenen Schicksal. Êzîdîsche Freiwillige wie Kheri Khidir, der seinen Lebensmittelpunkt eigentlich in Deutschland hatte, greifen zu den Waffen um die vorrückenden IS-Terroristen zu stoppen. Zehntausende Zivilisten fliehen in das Shingal-Gebirge, gejagt von Milizen der Terrorgruppe. Sheikh Kheri vereint Kämpfer um sich, die den Widerstand forcieren und im Westen den Flüchtlingsströmen Feuerschutz geben.

In Sikeniyê am südwestlichen Hang des Shingal-Gebirge eröffnet Kheris Einheit einen Fluchtkorridor, über den sich vor allem Frauen und Kinder in Sicherheit bringen können. Es folgen zwei weitere Monate, in denen die êzîdîschen Kämpfer im Gebirge ohne wirkliche Unterstützung die Zivilisten im belagerten Gebirge verteidigen. Sheikh Kheri und seine Einheit kämpfen an vorderster Front.

Am 22. Oktober startet die IS-Terrormiliz dann erneut eine Offensive und nimmt auch die letzten Dörfer und Ortschaften in der Region ein. Zu Fuß besteigen die IS-Terroristen nun das Gebirge und versuchen die dort ausharrenden Zivilisten zu massakrieren. Kommandant Kheri und seine Männer stellen sich dem Vorstoß entgegen, es kommt zu schweren Gefechten. Zahlreiche êzîdîsche Widerstandskämpfer sterben.

Am Abend des 22. Oktobers schlägt eine Mörsergranate der Terroristen nahe der Kheri-Einheit ein. Der Kommandant wird von Splittern getroffen und schwer verletzt. Eine medizinische Versorgung ist im Gebirge nicht möglich. Die Terroristen haben jegliche Landwege blockiert, lediglich der Luftraum ist frei. Helikopter zur Bergung der Verletzten kommen jedoch nicht. In der Nacht zum Donnerstag erliegt Sheikh Kheri schließlich seinen Verletzungen. Der Mann, der tausende Zivilisten rettete, stirbt. Seine Taten aber machen ihn für Êzîden unsterblich.

Gedenkzeremonie im Heiligtum Lalish für Sheik Kheri. Hunderte versammelten sich, um am Todestag an den Kommandanten zu erinnern (Muhannad Sinjari)
Gedenkzeremonie im Heiligtum Lalish für Sheik Kheri. Hunderte versammelten sich, um am heutigen Todestag an den Kommandanten zu erinnern (Muhannad Sinjari)


Kheri genoss große Anerkennung in allen Teilen der êzîdîschen Gesellschaft. Sein Tod löste große Betroffenheit aus. Auch internationale Medien berichteten von seinem Tod. Später wurde er in dem für Êzîden heiligen Lalish-Tal beigesetzt. Im Heiligtum Lalish versammelten zahlreiche Menschen und erinnert mit einer Gedenkzeremonie an Sheikh Kheris Heldentat. An seinem Grab legten Verantwortliche der Êzîden Blumen nieder.

Der bekannte êzîdîsche Dichter Hecî Qîranî widmete Sheikh Kheri ein Gedicht: Der „Löwen von Sikeniyê“, benannt nach der Ortschaft, wo Kommandeur Kheri Tausenden von Zivilisten das Leben rettete. „Er opferte seine Seele zur Verteidigung der Kinder“, erzählt Qîranî, der selbst gegen den IS-Terror in Shingal kämpfte. „Über seinen Fluchtkorridor konnten tausende Êzîden gerettet werden. […] Er hatte es versprochen und er hat sein Versprechen gehalten.“

© ÊzîdîPress, 22. Oktober 2015