Im Land Bremen und Umgebung leben mehrere tausend Êzîden, die vorwiegend in den 1970er und 1980er als Gruppenverfolgte in Deutschland politisches Asyl suchten. An der Universität Bremen referierten jetzt Studierende über eine antike, noch immer aber relativ unbekannte Religion des Mittleren Ostens.
Im Kurdischkurs von Emîn Akbas finden sich jede Woche mehrere Studierende der Universität Bremen zusammen. Gemeinsam pauken sie im dortigen Fremdsprachenzentrum drei Stunden lang kurdische Grammatik, Geschichte und Kultur eines Volkes, das in seiner Heimat auch heute noch um das Menschenrecht auf muttersprachlichen Unterricht kämpft. Im idyllischen Bremen ist dies längst Realität: Kurdischlehrer Emîn Akbas, selbst Êzîdî und aufgrund zahlreicher Repressalien aus seiner Heimat geflohen, unterrichtet seit nunmehr 20 Jahren an verschiedenen Bremer Schulen Kinder und Jugendliche in der kurdischen Sprache. Seit einem Jahr gibt es auch an der Universität Bremen einen Kurdischkurs, der auf Drängen der Hochschulgruppen Yezidische StudentInnen Bremen und dem Verband der Studierenden aus Kurdistan e.V. eingeführt wurde und seither auf großes Interesse stößt.
„Wir haben in unserem Kurs nicht nur Muttersprachler sitzen. Auch Studierende mit deutscher Muttersprache sind sehr von der kurdischen Sprache fasziniert.“, berichtet Kurdischlehrer Akbas. So habe beispielsweise im vergangenen Semester ein Studierender den Kurs besucht, um die Mutter seines kurdischen Mitbewohners bei WG-Besuchen in kurdischer Sprache begrüßen zu können.
Einen besonderen Abschluss fand der Kurdischkurs in diesem Semester: Die Studierenden hielten Vorträge zu einem Thema oder einer Person, das/die in besonderer Weise in der Vergangenheit die kurdische Geschichte prägte. Neben Vorträgen zu Cegerxwîn und Mustafa Barzanî zeigte das Gros der ReferentInnen ein besonderes Interesse für das Êzîdentum: Mizgîn Çîftçî führte in den Glauben der Êzîden ein, erläuterte Entstehungs- und Bedingungsgeschichte des Êzîdentums und zeigte die wechselseitige Durchdringung, Überlagerung und Verschmelzung der verschiedenen, vor-islamischen Religionen und Kulturen Mesopotamiens, respektive des Nahen und Mittleren Ostens auf, aus deren kulturhistorisches Mosaik sich das heutige Êzîdentum herausbildete. Ceylan Gulî referierte über Laliş, dem zentralen Heiligtum der Êzîden in der Autonomen Region Kurdistan (Nord-Irak), nahe der historischen Stadt Ninive gelegen. Perîxan Yenirce hob in ihrem Vortrag zur Kurdischen Sprache die einflussreiche Rolle des êzîdîschen Gelehrten Sheikh Fekhre Adiyan hervor, der im 13. Jahrhundert lange vor herausragenden Persönlichkeiten der kurdischen Geschichte wie Melayê Cezirî, Feqiyê Teyran und Ehmedê Xanî den Kurmancî-Dialekt zu seiner literarischen Blütezeit verhalf und sich somit um den Erhalt und der Pflege der kurdischen Sprache und Kultur besonders verdient gemacht hat.
Alles in Allem zeigte sich Kurdischlehrer Akbas vom Verlauf des Sprachkurses sehr erfreut: „Obgleich – an der Anzahl kurdischer Studierender an der Universität Bremen gemessen – nur wenige am Kurdischkurs teilnahmen war das Engagement und die Begeisterung der Teilnehmenden bemerkenswert.“ Über das besondere Interesse der Studierenden für das Êzîdentum äußerte er sich weniger überrascht: „Weil das Leben der Êzîden, ihre Sprache, ihre Kultur, usw. ausnahmslos kurdisch ist, kann man guten Gewissens sagen, dass ein Engagement um den Erhalt der kurdischen Sprache auch ein Engagement um den Erhalt der êzîdîschen Kultur ist. Weil die Mehrzahl der êzîdîschen Hymnen und Gebete in kurdischer Sprache verfasst ist, können wir sogar so weit gehen, zu sagen, dass die Êzîden nur mit dem Erhalt der kurdischen Sprache überhaupt überleben können“
Das Redakteursteam von ÊzîdîPress wünscht Herrn Emîn Akbas und seinem Kurdischkurs auch in Zukunft weiterhin viel Erfolg!
êzîdîPress, 23.02.2013