Polizei und Sicherheitskräfte rücken mit Schlagstöcken und Wasserwerfern gegen Demonstranten in Akrê vor
Polizei und Sicherheitskräfte rücken mit Schlagstöcken und Wasserwerfern gegen Demonstranten in Akrê vor (KurdSat)

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[D]uhok. Nachdem Sicherheitskräfte der kurdischen Autonomieregierung im Nord-Irak am vergangenen Montag während mehrerer Demonstrationen dutzende Êzîden inhaftiert haben, fordern êzîdîsche Aktivisten nun eine unverzügliche Freilassung und drohen mit Protestkundgebungen. In der Stadt Silêmanî hat bereits heute ein erster Protest stattgefunden, zu dem Êzîden und kurdische Aktivisten aufgerufen hatten.

Polizei und Sicherheitskräfte lösten aus bislang noch ungeklärten Gründen mit Wasserwerfern die Demonstrationen êzîdîscher Flüchtlinge in Khanke, Zakho und im Norden der Provinz Duhok in Akrê auf und rückten anschließend mit Schlagstöcken vor. Mehrere Demonstranten erlitten dabei teilweise schwere Kopfverletzungen und mussten in Krankenhäusern behandelt werden. Dutzende weitere Personen wurden verhaftet, darunter auch Frauen. Wie viele Êzîden festgenommen wurden ist nicht ganz klar. Alleine in Zakho verhafteten die Sicherheitskräfte etwa 30 Demonstranten und verletzten mind. 10 Personen, wie ein Flüchtling gegenüber ÊzîdîPress erklärte. In Akrê, nahe dem Flüchtlingslager Mam Alyan, wurden drei êzîdîsche Frauen inhaftiert und mehrere Demonstranten verletzt.

Protest in Silêmanî gegen die Inhaftierung der Demonstranten
Protest in Silêmanî gegen die Inhaftierung der Demonstranten

Die Demonstranten forderten eine Anerkennung des Genozids an Êzîden und Sofortmaßnahmen zum Schutz der Minderheiten. Eine Provokation seitens der Demonstranten habe es nach Angaben kurdischer Medienangenturen nicht gegeben. Die Sicherheitskräfte versuchten zudem eine Berichterstattung von Pressevertretern zu zensieren. Bei dem Wasserwerfereinsatz wurden auch Reporter verletzt sowie Kameras beschädigt. Aufnahmen von KurdSat zeigen das Vorgehen der Sicherheitskräfte und der versuchten Zensierung.

Sowohl die Demonstranten als auch êzîdîsche Aktivisten und kurdische Medienvertreter werfen den Sicherheitskräften eine vorsätzliche Verletzung des Demonstrationsrechts vor. Auch in Deutschland sollen Protestkundgebungen stattfinden, sollten die inhaftierten Demonstranten nicht freigelassen werden. Eine Erklärung der kurdischen Behörden zu den Vorfällen erfolgte bislang nicht.

Die Gewaltbereitschaft der kurdischen Sicherheitskräfte ist kein neues Phänomen und auch nicht auf Êzîden begrenzt. Dennoch belasten die Vorfälle das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen den Êzîden und der kurdischen Regierung zusätzlich, die im Umgang mit den Êzîden keinerlei Rücksicht erkennen lässt.

Erst kürzlich setzte sie einen der politischen Hauptverantwortlichen für die Flucht der Peshmerga Anfang August vergangenen Jahres, Serbest Babirî, ohne jegliche Erklärung aus der Untersuchungshaft frei und löste damit weltweite Empörung unter den Êzîden aus. Weiterhin wird ein Mitglied aus der Familie des ehemaligen religiösen Oberhauptes der Êzîden, Rekan Baba Sheikh, seit Monaten festgehalten. Aus welchen Gründen Rekan Baba Sheikh, der viele Hilfslieferungen koordinierte und einen guten Ruf innerhalb der êzîdîschen Gemeinschaft genießt, verhaftet wurde, ist nicht bekannt. Es wird vermutet, dass die kurdische Regierung so versucht Druck auf die religiöse Führung der Êzîden auszuüben, die sich mit Erklärungen zu den vergangenen Geschehnissen zurückhält.

Parallel zu den Demonstrationen in Südkurdistan, demonstrierten Êzîden auch in den kurdischen Regionen in der Türkei und Syrien als auch in Europa friedlich und ohne Zwischenfälle.

© ÊzîdîPress, 25. März 2015