Shingal. In der nordirakischen Region Shingal ist es erneut zu einem bewaffneten Zusammenstoß zwischen der êzîdîschen Widerstandseinheit Shingals (YBŞ) und dem irakischen Militär gekommen. Nachdem am vergangenen Sonntagabend vier Kämpfer auf beiden Seiten bei einem Gefecht getötet wurden, sollte die angespannte Situation heute während eines Gespräches entschärft werden. Vertreter des irakischen Militärs unter der Führung des Kommandanten Nejmeddin Jabouri trafen in dem Dorf Medîban (arab. Umm al-Dhiban) im Osten der Shingal-Region mit Vertretern der YBŞ zusammen.
Kurz nach Beginn der Gespräche eskalierte die Situation aus noch ungeklärten Gründen erneut. Êzîdîsche YBŞ-Kämpfer und irakische Soldaten eröffneten das Feuer. Dabei wurden nach Angaben des irakischen Militärs zwei irakische Soldaten verletzt. Das Gefecht hielt nur wenige Minuten an, ehe beide Seiten sich erneut darauf einigten, die Gespräche fortzusetzen. Beide Seiten beschuldigen sich seit Tagen, für die Eskalation verantwortlich zu sein. Das irakische Militär sandte heute vor Beginn der Gespräche weitere Einheiten in die Region.
Wenige Tage zuvor, anlässlich der Exhumierung des ersten Massengrabes in der Ortschaft Kocho im Süden, mahnte die Friedensnobelpreisträgerin Nadia Murad an, dass es aufgrund der weiterhin fragilen Sicherheitssituation in Shingal zu derartigen Auseinandersetzungen kommen würde. Die Kämpfe zwischen der YBŞ und der irakischen Armee machen deutlich, dass von Frieden in der Region noch lange keine Rede sein kann.
Bei dem Streit soll es auch um Kontrollansprüche von Gebieten an der syrisch-irakischen Grenzregion gehen, die von beiden Seiten beansprucht werden.
Innerhalb der Êzîden in Shingal wird damit gerechnet, dass die irakische Armee die YBŞ zu einer Auflösung oder einer Integration in die irakischen Streitkräfte aufrufen wird. Das allerdings könnte zu erneuten Konflikten führen. Irakische Staatsvertreter warnten davor, dass der Konflikt eine internationale Komponente einnehmen könnte, wenn die Türkei sich erneut dazu entscheide, mit Luftschlägen gegen vermeintliche PKK-Ziele in Shingal vorzugehen.
Die Situation bleibt angespannt. Die Gespräche zwischen der YBŞ und dem irakischen Militär sollen Informationen eines ÊP-Korrespondenten vor Ort zufolge in Kürze fortgeführt werden. Bis dahin bleibt zu hoffen, dass es nicht zu einer weiteren Eskalation kommt, die die Friedensgespräche vollends torpedieren.