Kämpfer der êzîdîschen YBŞ und der Volksverteidigungseinheit YPG in Shingal (13. Nov. 2015/ANF)
Kämpfer der êzîdîschen YBŞ und der PKK während der Shingal-Offensive (13. Nov. 2015/ANF)


Shingal. Der politische Machtkampf zwischen den kurdischen Parteien der Demokratischen Partei Kurdistans (PDK) und der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) um die êzîdîsche Region Shingal geht nach der erfolgreichen Offensive in die nächste Phase. Am Freitagmittag verkündeten die in Shingal operierenden Kampfeinheiten die Befreiung der Stadt.

Saleh Mirza, HPŞ-Kämpfer, während der Offensive in Shingal gefallen ist
Saleh Mirza, HPŞ-Kämpfer, während der Offensive in Shingal gefallen ist

Nachdem sich Politiker der PDK im Vorfeld bereits verbale Entgleisungen leisteten und die PKK offen für ihre Präsenz in der Region der Êzîden rügten, zieht nun Masud Barzanî, Präsident der Autonomen Region Kurdistan – dessen Amtszeit zwar abgelaufen ist, er sich dennoch an der Macht hält – nach und streitet jedwede Beteiligung der PKK und ihrer nahestehenden Verbündeten an der Befreiung von Shingal-Stadt ab. Auch das Mitwirken der êzîdîschen Verteidigungseinheit Shingals (HPŞ) unter der Führung von Heydar Shesho findet in der Pressemitteilung Barzanîs keine Erwähnung. 

Auf dem Shingal-Gebirge ließ sich der PDK-Vorsitzende mit der befreiten Stadt zu seinem Rücken unter anderem vom PDK-nahen Fernsehsender RûdawTV zur Befreiung der Stadt befragen. Barzanî erlärte, dass die Stadt „nur von den Peshmerga“ befreit worden sei. Bei der Offensive sei „keine andere Einheit beteiligt“ gewesen, heißt es in der Mitteilung weiter. Trotz des monatelangen, blutigen Häuserkampfes der PKK- und YBŞ-Einheiten in Shingal-Stadt gegen die Terrormiliz IS.

Hisen Haco, YBŞ-Kämpfer, der während der Offensive am 13. Nov. in Shingal gefallen ist
Hisen Haco, YBŞ-Kämpfer, der während der Offensive am 13. Nov. in Shingal gefallen ist

Man werde darüber hinaus keine andere Flagge als die von Kurdistan über der Stadt wehen lassen, verlautbarte Barzanî, der damit offen in Konfrontation zur PKK und den êzîdîschen Kampfeinheiten geht, welche in Shingal unter ihren eigenen Flaggen operieren und viele Verluste für die Verteidigung der Stadt hinnehmen mussten. Zudem wehen über der befreiten Stadt bereits die Flaggen PKK, YPG, der êzîdîschen YBŞ und der HPŞ. Teilweise wurden diese selbst von PDK-Medien wie RûdawTV gezeigt.

Die Êzîden befürchten, in dem Parteienstreit zwischen die Fronten zu geraten und Opfer eines Stellvertreterkrieges zu werden. Die Presseerklärung Barzanîs gibt berechtigten Anlass zur Sorge. Während der Shingal-Offensive sind in den vergangenen Tagen neben Peshmerga-Soldaten mehrere Kämpfer der PKK, der YBŞ und der HPŞ ums Leben gekommen.

Bereits gestern erklärte die HPŞ-Führung, in welchen Gebieten ihre Einheiten im Laufe der Offensive mitgewirkt haben. Dutzende Terroristen des „Islamischen Staates“ konnten von den von Barzanî verleugneten Einheiten getötet oder festgenommen werden. Zahlreiche Bilder und Videos  der Offensive veröffentlichen etwa PKK-nahe Nachrichtenagenturen.

Widerstandskämpfer der êzîdîschen Verteidigungskraft Shingals reißen eine IS-Flagge in Shingal nieder; 13. November 2015

Khalaf Reshkani, HPŞ-Kämpfer, der während der Offensive in Shingal gefallen ist
Khalaf Reshkani, HPŞ-Kämpfer, der während der Offensive in Shingal gefallen ist

Heydar Shesho, Oberkommandeur der HPŞ und Kommandeur der Shingal-Allianz, warnte vor einem „Krieg um Flaggen“. Die Parteien seien dem Willen der Menschen von Shingal verpflichtet, heißt es weiter. Dass Einheiten wie etwa die HPŞ über keine eigenen Fernsehsender verfügen, über die etwa fortlaufend Berichte über die Fortschritte der HPŞ-Kämpfer veröffentlicht würden, kann nicht über die Erfolge und die Bemühungen der Einheit in Shingal hinwegtäuschen. Der nächste Kampf, so das Büro des HPŞ-Oberbefehlshaber, könnte der schwierigste werden: „Die Abschaffung der Ein-Parteien-Diktatur“.

© ÊzîdîPress, 13. November 2015