Shingal. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International beschreibt in einem am Donnerstag veröffentlichen Bericht von der systematischen Vernichtung der Lebensgrundlagen der êzîdîschen Minderheit im Nordirak. Die Region sei bis heute durch verminte Gebiete, zerstörte ökologische Systeme und vergiftete Brunnen unbewohnbar. Neben den Massenmorden und der Versklavung êzîdîscher Frauen und Kinder habe der IS die Lebensgrundlage der Êzîden in Shingal vernichtet.

In dem 37-seitigen Bericht wirft die Organisation der Terrormiliz „Islamischer Staat“ vor, bewusst und systematisch Ackerflächen sowie Viehbestände zerstört zu haben. Die Politik der „verbrannten Erde“ sei Teil des Vernichtungsfeldzuges des IS gewesen. Die Region Shingal sei davon am schwersten betroffen. Dort habe der IS unter anderem gezielt Brunnen- und andere Bewässerungsysteme sabotiert, fruchtbares Ackerland in Brand gesteckt, Obstbäume entwurzelt oder zerstört, Stromgeneratoren gestohlen und Wohngebäude unbewohnbar gemacht. Insbesondere die Zerstörung der Brunnensysteme habe weitreichende Folgen für die ökologische Umwelt der Region. Weitflächiges Absterben von Bäumen, Ackerflächen, der Verlust ganzer Ernten sowie des Viehbestandes seien die Folgen. In Videos der Terrormiliz posierten Mitglieder mit gestohlenen Viehbeständen der Êzîden, die sie auf LKWs verladen und nach Mossul und Syrien gebracht haben.

Die mutwilligen Zerstörungen des IS seien „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, heißt es in dem Bericht. Dieselbe Vorgehensweise des IS sei auch in anderen Teilen des Iraks zu beobachten, wie Bauern gegenüber der Organisation erklärten. In der Region Shingal jedoch habe die Zerstörungswut des IS zum Ziel gehabt, die gesamte Lebensgrundlage der verhassten êzîdîschen Minderheit zu zerstören. Diese weitreichende Zerstörung erfüllt den Tatbestand der Völkermordkonvention.

Auch nach über vier Jahren seit Beginn des Völkermordes steht die Region Shingal in Schutt und Asche. Noch immer leben weit über 200.000 êzîdîsche Flüchtlinge in Lagern in der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak. Weitere 200.000 haben das Land gen Europa verlassen.

Amnesty fordert von der irakischen Regierung, den Wiederaufbau der Region voranzutreiben, um eine Rückkehr dieser Flüchtlinge zu ermöglichen. Bisher aber fehlt es am politischen Willen.

© ÊzîdîPress, 14. Dezember 2018