Afrin. Die Türkei und die von ihr unterstützten islamistischen Söldner haben in Syrien vier êzîdîsche Dörfer überfallen und die Kontrolle übernommen. Die Dörfer Qastal Jindo, Shirkan, Qatma und Baflane im Norden der Afrin-Region wurden in den vergangenen Wochen attackiert und von türkischen Soldaten, islamistischen Milizen und FSA-Söldnern besetzt.
In dem fortdauernden Krieg um die Region sind zudem bisher elf êzîdîsche Kämpfer auf Seiten der Volksverteidigungseinheiten der YPG und YPJ ums Leben gekommen. Darunter zwei Frauen und neun Männer.
Mit der Besetzung der vier Dörfer beendet der Nato-Partner Türkei die praktisch letzte zusammenhängende Gemeinschaft der êzîdîschen Minderheit in Syrien. Afrin, das bis zum türkischen Angriff vom syrischen Krieg vergleichsweise verschont blieb, galt als letzte Bastion der Êzîden in Syrien. Seit dem Ausbruch des syrischen Bürgerkrieges im Jahr 2011 sind vor allem Êzîden aus den Regionen Hassake und Qamishlo gen Europa geflüchtet. Nur in Afrin verlieben Êzîden in nennenswerter Zahl. Rund 15.000 leben in der nun von ethnischen Säuberungen gefährdeten Region.
Unterdessen hat der wissenschaftliche Dienst des Bundestages die Rechtmäßigkeit des türkischen Angriffes auf Afrin in Frage gestellt. Für einen legitimen, dem Völkerrecht entsprechenden Grund fehle es an einem Verteidigungsfall, teilte der Dienst am Donnerstag mit. Die türkische Regierung bleibe „konkrete Beweise für das Vorliegen eines das Selbstverteidigungsrecht auslösenden bewaffneten Angriffs schuldig“, heißt es in der Auswertung des Dienstes. Die Türkei behauptete bis zuletzt, bei der Offensive handele es sich um einen „Akt der Selbstverteidigung“.
Dass der Bruch des Völkerrechtes die UN zum Handeln bewegt, darf zurecht angezweifelt werden. Seit Jahren wird das Völkerrecht in nahezu allen schwelenden Konflikten der Welt, auch in der Ukraine und Syrien, untergraben. Wie sehr sich die türkische Führung von der Realität des Krieges verleugnet, zeigt sich an dem Narrativ der Regierung, in Afrin seien „keine Zivilisten verletzt worden„. Sätze wie „keinem hat auch nur die Nase geblutet“ (sic!) werden zur selben Zeit in die Kamera gesprochen, während Bilder der in Afrin durch Bomben getöteten oder verletzten Kinder von unabhängigen Medien veröffentlicht werden.
© ÊzîdîPress, 09. März 2018