Shingal. Ein Expertenteam der Vereinten Nationen hat mit den Ermittlungen zu Völkermordverbrechen an der Minderheit der Êzîden im Irak begonnen. UN-Generalsekretär Antonio Guterres teilte dies dem Sicherheitsrat in einem Schreiben vom 17. August mit. Demnach haben die Experten bereits am 20. August die Arbeit aufgenommen. Im Februar diesen Jahres stimmte der UN-Sicherheitsrat in Absprache mit dem Irak einer Sonderermittlungskommission zu, die die Verbrechen der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) an den Êzîden in der nord-irakischen Region Shingal untersuchen und Beweise sicherstellen soll.

Mit den Ergebnissen, so hoffen viele Êzîden, könne ein UN-Sondertribunal zur Anklage gegen IS-Mitglieder wegen Völkermordverbrechen eingerichtet werden. Dies würde jedoch die Zustimmung des Irak bedürfen, da dieser das Römer Statut nicht ratifiziert hat. Ein territorial auf die Region Shingal beschränktes Tribunal wäre, wie etwa im Fall des Sondertribunals für Sierra Leone, dennoch möglich. Die Beweise sollen aber auch vor den nationalen, irakischen Gerichten gegen IS-Mitglieder herangezogen werden, wie es in der Resolution heißt.

Geleitet werden die UN-Ermittlungen in Shingal vom britischen Spezialisten für internationales Strafrecht Karim Asad Ahmad Khan. Khan war unter anderem als Rechtsberater des Chefanklägers des Internationalen Strafgerichtshofs für das Ruanda-Tribunal tätig. Eine ausführliche Dokumentation der Ergebnisse wird für Ende des Jahres erwartet. Diese dürften jedoch den bereits vorherigen Bericht der UN bestätigen, wonach es sich eindeutig um Völkermordverbrechen handelt.

Am 3. August 2014 überrannte die IS-Terrormiliz das Hauptsiedlungsgebiet der êzîdîschen Minderheit in der nord-irakischen Region Shingal und verübte einen Völkermord an der Bevölkerung. Etwa 10.000 Êzîden fielen dem Genozid direkt zum Opfer, wie eine erste Studie der renommierten Londoner LSE Universität zeigt. Rund 2,2% der êzîdîschen Bevölkerung wurden der Studie nach getötet oder verschleppt. 400.000 weitere mussten aus ihrer Heimat fliehen. Rund 7.000 hauptsächlich êzîdîsche Frauen und Kinder wurden gefangen genommen, versklavt und systematischer sexueller Gewalt ausgesetzt. Ziel des IS sei es, die „Jesiden als Gruppe zu vernichten“ so UN-Ermittler. Das Europäische Parlament, die UN-Menschenrechtskommission sowie zahlreiche Staaten, darunter die USA, Frankreich und Großbritannien, haben die Verbrechen des IS gegenüber den Êzîden als Völkermord anerkannt. Mit der anhaltenden Gefangenschaft von schätzungsweise 2.500 bis 3.000 Frauen und Kindern handelt es sich um einen bis heute fortgesetzten Völkermord, wie die UN mehrfach erklärte.

 © ÊzîdîPress, 24. August 2018