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[N]ew York. Der Generalsekretär-Assistent der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Iman Simonovic, erklärte am Dienstag vor Journalisten in New York, dass die Verbrechen des Islamischen Staates (IS) gegen das Volk der Êzîden einen „möglichen Völkermord“ darstellen könnten. Die Taten des IS in Syrien und im Irak seien zudem denkbare Kriegsverbrechen bzw. Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Simonovic kehrte erst vor wenigen Tagen aus dem Irak zurück, wo eine UN-Delegation erste Untersuchungen bezüglich der IS-Verbrechen einleitete.

„Die Tatsachen über die Angriffe auf die Yeziden implizieren, dass es sich um einen versuchten Völkermord handeln könnte“, erklärte Simonovic. Erste Untersuchungen von UN-Beauftragen, die nicht abschließend sind, sprechen von bisher über 5.000 getöteten und bis zu 7.000 entführten ÊzîdInnen. Mehrere hunderte Êzîden wurden lebendig begraben, die entführten Frauen, Mädchen und Kinder versklavt und verkauft. Über 400.000 wurden aus ihrem traditionellen Siedlungsgebiet Shingal vertrieben.

Der Angriff der IS-Terroristen auf die Êzîden am 3. August veranlasste die USA zur Intervention gegen den IS, dem eine breite, internationale Anti-IS-Koalition folgte. Man könne einem drohenden Völkermord nicht tatenlos zusehen, erklärte US-Präsident Obama in seiner Pressemitteilung zum Eingreifen in Shingal. Zehntausende Êzîden wurden von den Terroristen in das Shingal-Gebirge vertrieben, auf dem sie ohne Wasser und Nahrung für mehrere Wochen ausharrten.

Eine êzîdîsche Delegation aus Politikern, Menschenrechtlern, Aktivisten sowie Geistlichen forderte vor wenigen Wochen in Genf eine eingehende Überprüfung der Geschehnisse zur Klassifizierung als Völkermord. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sprach nach einer ersten Begutachtung der Verbrechen des IS gegen die Êzîden von einem „Verbrechen gegen die Menschlichkeit„.

Flüchtlinge aus Shingal am 04. August 2014
Flüchtlinge aus Shingal am 04. August 2014

Das Vorgehen des IS gegen die Êzîden im Nordirak erfüllt bei objektiver Betrachtung bereits mehrere Voraussetzungen der UN-Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes. Aus dem Versuch das êzîdîsche Volk „auszurotten“, macht der IS selbst keinen Hehl. In einem jüngst veröffentlichten Magazin der Terroristen wird die Verfolgung der Êzîden mit der Rechtslehre der Sharia legitimiert, demnach sie „absolute Ungläubige“ sind und daher als „Vogelfreie“ gelten.

Simonovic erklärte der Presseagentur Reuters gegenüber, dass die Êzîden sich zwischen dem Tod oder der Annahme des Islams entscheiden müssten. Am vergangenen Montag begann der IS mit einer erneuten Großoffensive gegen die Êzîden in Shingal, die dort verbliebenen rund 7.000 Zivilisten sowie die Widerstandskämpfer sind im Gebirge von der Terrormiliz eingekesselt.

êzîdîPress, 22. Okt. 2014