Heci Atto Seydo, êzîdîscher Peshmerga der SKE-Einheit, der heute in Shingal getötet wurde
Heci Atto Seydo, êzîdîscher Peshmerga der SKE-Einheit, der heute in Shingal getötet wurde

Shingal. Am Mittwochabend kam es in der Region Shingal zu einem Schusswechsel zwischen êzîdîschen Peshmerga und Zerevanî-Peshmerga, die der Demokratischen Partei Kurdistans (PDK) unterstehen. Ein êzîdîscher Kämpfer der Sheikh-Kheri-Einheit (SKE), Heci Atto Seydo, wurde im Laufe der Gefechte getötet. Ein weiterer, Khalaf Barakat, erlag wenig später seinen Verletzungen. Drei weitere êzîdîsche SKE-Peshmerga wurden verletzt. Vom Kommandanten der SKE-Einheit sowie mehreren Kämpfern fehlt zunächst jede Spur. Heydar Shesho, Oberkommandeur der Verteidigungskraft Êzîdxans, bestätigte telefonisch gegenüber ÊzîdîPress den Vorfall.

Im Vorfeld kam es bereits zu Spannungen zwischen den Êzîden und den im Süden der Stadt Shingal verantwortlichen Peshmerga-Kommandeuren. Nachdem die êzîdîschen Kämpfer während der Shingal-Offensive im Süden, in der Ortschaft Qabusiya, nicht partizipieren durften, regte sich heftiger Widerstand. Mehrere Peshmerga-Kommandeure verhinderte, dass êzîdîsche Kämpfer zur Ortschaft vorrückten, die bis dato unter der Kontrolle der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) stand. In der Ortschaft Qabusiya leben vor allem muslimische Kurden, die im Verdacht stehen, die Terrormiliz (IS) in Shingal unterstützt zu haben. Als Peshmerga-Einheiten dort eintreffen, nehmen sie mehrere dutzend Familien auf, die sich an die Peshmerga wendeten. Viele der kurdisch-muslimischen Familien in Shingal stehen in einem verwandtschaftlichen Verhältnis mit hochrangigen Funktionären der Demokratischen Partei Kurdistans (PDK). Die Êzîden werfen der PDK daher vor, IS-Kollaborateure zu decken. So etwa Verwandte des irakischen Parlamentsabgeordneten Majid Khalf Hamo (PDK), dessen Bruder Ziyad Khalaf Hamo im Februar dieses Jahres in Shingal wegen Kollaboration mit der Terrormiliz „Islamischer Staat“ festgenommen wurde. In Shingal sind vor allem Peshmerga der PDK stationiert.

Die êzîdîschen Peshmerga stoppen daraufhin kurzfristig ihre Offensive. Kasim Dirbo, êzîdîscher Peshmerga-Kommandeur, erläuterte die Situation dem amtierenden kurdischen Präsidenten Mesûd Barzanî, der die Offensive in Shingal beobachtete. Dirbo erklärte, dass die muslimischen Kurden in Qabusiya den IS beim Völkermord an Êzîden unterstützt und Hab und Gut der Êzîden plünderten, als die Terrormiliz im August vergangenen Jahres die Region stürmte. Barzanî habe daraufhin sein Einverständnis erklärt, die êzîdîschen Kämpfer in Qabusiya mitwirken zu lassen. Zudem sollte keine weitere Person aus dem Dorf Qabusiya, die unter Kollaborationsverdacht steht, die Ortschaft ungehindert verlassen dürfen.

Sheikh Merwan, Kommandeur der êzîdîschen SKE-Einheit, beobachtete mit seinen Kämpfern, wie trotz der Anweisung am Mittwochabend mehrere Personen aus dem Dorf, begleitet von Peshmerga, versuchten samt einer Schafherde die Region zu verlassen. Die SKE-Kämpfer stoppten den Konvoi und forderten eine Erklärung. Mehrere der Personen, die keine Peshmerga waren, sollen zudem bewaffnet gewesen sein. Es kam zum Streit zwischen SKE-Kommandeur Sheikh Merwan und Wahid Kovali, Peshmerga-Kommandeur dessen Männer den Konvoi begleiteten. Nach einem kurzen Disput kam es zu einem Schusswechsel. Nicht klar ist, wer zuerst geschossen hat. Kasim Shesho erklärte gegenüber dem kurdischen Fernsehsender NRT, dass die Zerevanî-Peshmerga zuerst geschossen haben. Die Êzîden waren anschließend gezwungen sich zu verteidigen, so Shesho weiter.

Kurze Zeit nach den Gefechten galten Sheikh Merwan sowie zwei weitere Kämpfer als vermisst. Wenig später teilte ein ÊP-Korrespondent mit, dass auch der SKE-Kommandant verwundet wurde und derzeit in einem Krankenhaus behandelt wird. Etwa sieben SKE-Peshmerga seien noch in Haft.

Ein Peshmerga-Kommandeur erklärte gegenüber einem weiteren ÊP-Korrespondenten in Shingal, dass die Gruppe aus Qabusiya ohne Befehl und eigenmächtig gehandelt habe. Eine weitere Eskalation werde weder befürchtet, noch dulde man weitere Zusammenstöße. Der Vorfall soll nun gründlichst untersucht und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, erläuterte der Kommandeur weiter.

© ÊzîdîPress, 25. November 2015