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Betroffene Dörfer entlang des Khabour-Flusses (via @LCarabinier)

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[K]habour. Die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) hat gestern im Nordosten Syriens mehrere assyrische Dörfer und Kleinstädte überrannt, tausende Menschen aus ihren Dörfern vertrieben und über hundert Assyrer als Geiseln genommen. Am frühen Morgen, gegen 5 Uhr, starteten die Schergen des IS eine Offensive in der Stadt Tell Tamer sowie den umliegenden Dörfer entlang am südlichen Verlauf des Khabour-Flusses. Überrascht vom Angriff des IS, werden die Menschen in ihren Dörfern überfallen und versuchen zu flüchten:

„Mitten in der Nacht wurde wir von lauten Gefechten aus dem Schlaf gerissen. Wir wussten zunächst nicht, was geschehen war, bis wir sahen, wie die Menschen aus der Stadt und aus den Dörfern flüchteten, weil der IS in die Dörfer einmarschierte“, berichtet eine Assyrerin aus Tell Tamer, die mit ihren Kindern nach Qamishlo im Norden flüchten konnte. Danach setzen die IS-Terroristen ihren Vormarsch fort: Sie nehmen alle umliegenden Dörfer ein. Der assyrischen Aktivistengruppe ‚A Demand For Action‚ (ADFA) zufolge, die mit Augenzeugen in Kontakt steht, handelt es sich dabei um 10 Dörfer.

Dörfer entlang des Khabour-Flusses
Dörfer entlang des Khabour-Flusses

Die assyrische Verteidigungsmiliz MFS und die kurdische Volksverteidigungseinheit YPG erwidern den Angriff der Terrormiliz. Es kommt zu schweren Gefechten. Einen Tag zuvor eroberten die MFS und YPG-Einheiten 22 Dörfer in Tal Hamis zurück. Die Gegenoffensive des IS mit dem Angriff auf die südlichen Ortschaften entlang des Khabour-Flusses kam jedoch überraschend. Ein weiterer Vormarsch in den Norden können die MFS und YPG-Kämpfer mit einem Großaufgebot zwar verhindern, die südlichen Gebiete aber fallen an den IS.

Rund 4.000 Menschen werden aus ihren Dörfern vertrieben und suchen Schutz in Städten wie Qamishlo und Hassakeh, wie ADF berichtet. Etwa 100 Männer aus dem Dorf Tel Shamiram werden von den IS-Terroristen auf dem Hügel Abd al Aziz verschleppt, 70 bis 100 Frauen und Kinder werden im Dorf von IS-Terroristen festgehalten.

Mit der Geiselnahme versucht die Terrormiliz von kurdischen Kräften festgenommene IS-Mitglieder freizupressen. Die IS-Terroristen hätten ihre Forderung „sehr klar“ ausgedrückt, berichtet George Kasten von ADFA, als dieser versucht die Dorfbewohner telefonisch zu kontaktieren und ein IS-Terrorist seinen Anruf beantwortet. Die Terrormiliz droht mit der Hinrichtung der Männer, sollte ihrer Forderung nicht nachgekommen werden. Einem Bericht des Telegraphs nach werden die IS-Terroristen bei ihrem Vorstoß vom Tschetschenen Omar al-Shishani angeführt.

Unter den Geiseln befinden sich auch Kämpfer der assyrischen Miliz MFS, wie der Militärrat mitteilt. Vier ihrer Kämpfer, die ihre Stellung in Tel Hormizd bis zum Schluss gehalten haben, werden vermisst. Die MFS geht davon aus, dass ihre Kämpfer getötet worden sind. In Tel Hormizd brennen IS-Terroristen zudem die lokale Kirche nieder und stecken weitere Häuser in Brand.

Die Kämpfe sowie die Geiselnahme dauern weiter an. Assyrische Organisationen wie die ADFA fordern die internationale Gemeinschaft zum Handeln auf.

Die MFS marschierte an der Seite der YPG-Kämpfer Anfang August vergangenen Jahres in Shingal ein und verhinderte weitere Massaker an der êzîdîschen Zivilbevölkerung.

© ÊzîdîPress/A Demand for Action, 24. Februar 2015