Irakische Staatsflagge (Ahmed Alsanmraee)
Irakische Staatsflagge (Ahmed Alsanmraee)

Shingal. Nachdem die irakische Regierung unter Ministerpräsident Haidar al-Abadi der kurdischen Regierung ein Ultimatum setzte und mit Sanktionen drohte, weht in Shingal nun offiziell auch die irakische Flagge. Die erste Flagge wurde über dem Büro von Mahma Khalil (PDK), dem nicht gewählten Bürgermeister Shingals, gehisst.

Abadi soll dem arabischen Sender Al-Jazeera zufolge der kurdischen Regierung mit militärischen Maßnahmen und der schiitischen Milizen in Shingal und Kirkuk gedroht haben, sofern in Shingal keine irakische Flagge gehisst werden würde. Abadi begründete seine Forderung damit, dass irakische Kräfte bei der Befreiung der Stadt Shingal am vergangenen Wochenende „wesentlich beteiligt“ gewesen wären. Nur durch „irakische Luftschläge“ soll die wichtige Verbindungsstraße von Shingal-Stadt nach Mosul gekappt worden sein. Die kurdische Regierung kam der Forderung schließlich nach, während sie weiterhin politisch gegen die êzîdîsche Widerstandsflagge der êzîdîschen Einheiten kämpft. 

Vermutet wird, dass die irakische Führung über die US-Regierung Druck auf Erbil ausgeübt hat. Shingal gehört zwar offiziell zum irakischen Staatsgebiet, kurdische Truppen machten ihren Machtanspruch jedoch im vergangenen Jahr geltend, als die irakischen Sicherheitskräfte aus der Region flüchteten. Artikel 140 der irakischen Verfassung, der den Status umstrittener Gebiete klären soll, wurde in Shingal bisher nicht ratifiziert. Im vergangenen Jahr flüchteten die irakischen Sicherheitskräfte aus der Region, als die Terrormiliz „Islamischer Staat“ die zweitgrößte Stadt des Iraks, Mosul, eroberte. Peshmerga marschierten unmittelbar in die Shingal-Region ein und machten so ihren Führungsanspruch über die Region geltend. Der Präsident der Autonomen Region Kurdistan erklärte umgehend, das der Artikel 140 in Shingal keine Rolle mehr spiele. Doch auch die Peshmerga flohen, als der IS am 3. August 2014 Shingal stürmte und einen Völkermord an der im Stich gelassenen êzîdîschen Bevölkerung verübte. Die Shingal-Region ist in mehrfacher Hinsicht umkämpft.

© ÊzîdîPress, 16. November 2015