Religiöses Oberhaupt der Êzîden Bave Sheik Kheto (li.) und UN-Sonderberater Adam Dieng in Lalish
Religiöses Oberhaupt der Êzîden Bave Sheik Kheto (li.) und UN-Sonderberater Adam Dieng in Lalish


Lalish. Der Sonderberater der Vereinten Nationen für die Verhütung von Völkermorden und ehemalige Bevollmächtige des Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda, Adam Dieng, ist in Lalish mit Vertretern der Êzîden zusammengetroffen. Der UN-Sonderberater diskutierte mit den politischen und religösen Vertretern unter anderem die Verbrechen der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) an der êzîdîschen Zivilbevölkerung in Shingal. Dieng wurde unter anderem vom êzîdîschen Parlamentsabgeordneten Sheikh Shamo (PDK), dem êzîdîschen Richter Hakim Khairi sowie dem religiösen Oberhaupt Bave Sheikh Kheto und weiteren Würdenträgern empfangen.

Gegenüber der kuwaitschen Nachrichtenagentur KUNA erklärte Dieng, dass die „unwiderlegbaren Berichte im [Verfahren] des Internationalen Strafgerichtshofes gegen die Terroristen des DAESH (arabisches Akronym für IS; Anm. d. Red.] verwendet werden, um zu beweisen, dass die Yeziden der Terrorgruppe DAESH zum Opfer gefallen sind“. Am 12. August 2014 verurteilte Dieng die Massenhinrichtung von 500 êzîdîschen Männern durch IS-Terroristen in Shingal.

Erst kürzlich machte sich der ehemalige Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag, Luis Moreno Ocampo, ebenfalls vor Ort ein Bild über die Verbrechen der IS-Terrormiliz gegen die Êzîden. Ocampo bezeichnete die Gräueltaten des IS an den Êzîden als „klaren Fall des Völkermordes“, der insbesondere mit der fortdauernden Versklavung tausender Frauen, Mädchen und Kinder fortdauert, berichtete Reuters. Ocampo, der derzeit als Professor an der Harvard Universität lehrt, beantragte als Chefankläger des IStGH unter anderem Haftbefehl gegen den amtierenden sudanesischen Staatspräsidenten Omar al-Baschir.

Problematisch ist im Fall der Êzîden und anderer Minderheiten, dass weder der Irak noch Syrien, beide Haupt-Operationsgebiete der Terrorgruppe, das Römische Statut des IStGH ratifiziert haben. Ocampo erläuterte, dass die IS-Terroristen jedoch aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit durch die jeweiligen nationalen Gerichte zur Rechenschaft gezogen werden könnten. Alternativ könnte die irakische Regierung dem Strafgerichtshof bedingte Zuständigkeit über die Shingal-Region erteilten, wie Reuters erklärt.

Die UN-Menschenrechtskommission klassifizierte die Verbrechen des IS an Êzîden in einem ausführlichen Bericht bereits als Völkermord ein. Ziel der Terrormiliz sei es, die Êzîden „als Gruppe zu vernichten“, heißt es in dem Dokument. Über 5.000 Êzîden wurden in Shingal von IS-Terroristen hingerichtet, bis zu 7.000 Frauen, Mädchen und Kinder entführt und versklavt. Jungen werden in militärischen Ausbildungslagern zu neuen Kämpfer gedrillt und im Kampf bereits eingesetzt.

© ÊzîdîPress, 06. November 2015