Lalish. Bei den kommenden irakischen Parlamentswahlen werden erneut zahlreiche êzîdîsche Kandidaten antreten. Im Mai diesen Jahres sind die irakischen Bürger aufgerufen, über ein neues Parlament abzustimmen. Das vom Krieg zerrüttete Land ist weit von einer Einheit entfernt. Und auch die Êzîden scheinen aus den Fehlern der Vergangenheit nicht gelernt zu haben – trotz Völkermord, trotz den Erfahrungen aus den letzten Wahlen.

Insgesamt werden sich 51 êzîdîsche Kandidaten zur Wahl stellen. 50 davon für die Listen von sechs Parteien, darunter die zwei neugegründeten êzîdîschen Parteien der „Demokratischen Partei der Êzîden“ (PDÊ) und die „Êzîdîsche Partei für Freiheit und Demokratie“ (PADÊ), dem politischen Flügel der YBŞ-Einheit. Ein Kandidat, Uday Hassan Kuruz, wird als unabhängiger Kandidat auf der Mossul-Liste antreten.

Nachdem die Zahl der êzîdîschen Abgeordneten seit 2003 sukzessive aufgrund der hohen Anzahl êzîdîscher Kandidaten – und der damit einhergehenden Stimmensplittung – sowie der politischen Diskriminierung von ehemals acht auf derzeit zwei geschrumpft ist, haben viele gehofft, die êzîdîschen Verantwortlichen würden Konsequenzen aus dem seit 2014 fortgesetzten Völkermord ziehen. Tatsächlich hatten sich die Vertreter der êzîdîschen Parteien im Vorfeld zu Gesprächen in der Region Shingal getroffen, um über eine gemeinsame Liste zu diskutieren. Die Einigungsgespräche scheiterten jedoch. Grund sollen „unüberwindbare politische Differenzen“ gewesen sein, wie einer der Beteiligten gegenüber ÊzîdîPress erklärte.

Drei der vier êzîdîschen Parteien, die „Êzîdîsche Partei für Bewegung und Fortschritt“, die „Êzîdîsche Partei für Fortschritt“ und die PADÊ, treten direkt gegeneinander für den einzigen Quotensitz im Parlament an. Einzig die von Heydar Shesho gegründete Partei, die PDÊ, stellt sich per Liste zur Wahl in der Ninawa-Provinz. Shesho selbst stellt sich nicht zur Wahl. Er wird weiterhin die HPÊ-Einheit militärisch führen.

Folgend die Parteien und die Zahl ihrer êzîdîschen Kandidaten, die sich jedoch bis zu den Wahlen noch ändern können:

  • Demokratische Partei Kurdistans (PDK): 21
  • Demokratische Partei der Êzîden (PDÊ): 16
  • Patriotische Union Kurdistans (PUK): 7

Für den Quotensitz:

  • Êzîdîsche Partei für Bewegung und Fortschritt (Islah): 2
  • Êzîdîsche Partei für Fortschritt (Taqadum): 2
  • Êzîdîsche Partei für Freiheit und Demokratie (PADÊ): 2

Für den Quotensitz werden dem Kandidaten der Taqadum aus der Gemeinde Bashiqa, Saib Khidir, die besten Chancen zugerechnet. Khidir genießt unter Êzîden einen hervorragenden Ruf und könnte damit den bisherigen Abgeordneten Haci Gundor (Islah) ablösen. Vian Dakhil (PDK), neben Gundor die zweite êzîdîsche Parlamentsabgeordnete im Irak, wird nicht für die PDK-Liste antreten. ÊP-Informationen zufolge wird sie in die regionale, kurdische Politik wechseln und dort nach bisher unbestätigten Angaben einen Ministerposten bekleiden.

Die hohe Zahl der êzîdîschen Kandidaten hatte bereits bei den vergangenen Wahlen im Jahr 2014 zu einem Desaster geführt. Zudem hat das irakische Parlament kürzlich erneut eine Weisung des Obersten Gerichtshofes ignoriert, die Zahl der Minderheitssitze für die Êzîden zu erhöhen. Das unverantwortliche, politische Handeln der Êzîden einerseits und die politische Diskriminierung auf staatlicher Ebene andererseits führt so zu einer toxischen Mischung. Seit dem Völkermord an den Êzîden im Jahr 2014 sind schätzungsweise über 200.000 Êzîden bereits aus dem Land geflohen. Viele sehen im Irak keine Zukunft und glauben nicht daran, dass sich die Situation in den kommenden Jahren verbessern wird.

@ ÊzîdîPress, 25. Februar 2018