Shingal. Im Nordirak haben schiitische Milizen und irakische Truppen binnen weniger Stunden die Stadt Shingal eingenommen. In der Nacht von Montag auf Dienstag marschierten die schiitischen Milizen auf die Stadt vor, die zuvor von Peshmerga kontrolliert wurde. Zu Kampfhandlungen soll es trotz anders lautender Berichten nach ÊP-Informationen nicht gekommen sein, da die Peshmerga sich widerstandslos aus der Region zurückgezogen haben sollen.

Die Krise zwischen der Zentralregierung in Bagdad und der kurdischen Autonomieregierung weitet sich damit aus. Nachdem auch die bedeutende Stadt Kirkuk binnen eines Tages von irakischen Truppen eingenommen werden konnte, droht nun auch der Verlust der südlichen Shingal-Region. Die irakische Regierung unter Abadi macht ihre Drohungen nach dem Referendum in den kurdischen Gebieten wahr und erobert die von den Kurden besetzten umstrittenen Gebiete – darunter Shingal – zurück. Indes kursieren wie auch in Kirkuk Bilder in den sozialen Netzwerken, die Kämpfer der Hashd al-Shaabi-Milizen in den eroberten Büros der PDK-Partei in Shingal zeigen.

Zuvor fürchteten die Êzîden, dass auch die christlich-êzîdîsche Zwillingsstadt Bashiq und Bahzan in die Hände der schiitischen Milizen fallen könnte. Berichte, wonach die Peshmerga aus den beiden Städten geflohen seien, konnten bisher nicht bestätigt werden. In Bashiqa unterhält die Türkei – mit Wohlwollen der kurdischen Autonomieregierung –  eine Militärbasis. Die Türkei hat sich in der Irak-Krise unmissverständlich auf die Seite der irakischen Regierung gestellt.

Indes versucht die irakische Regierung die Eroberung der Stadt-Shingal den êzîdîschen Bataillonen der Hashd al-Shaabi zuzuschreiben. Tatsächlich aber behalten die vom Iran unterstützten schiitischen Milizen sowie die irakische Zentralregierung die Kontrolle. Die êzîdîschen Kommandeure der Hashd-Milizen erklärten im Vorfeld bereits, dass sie sich an Kampfhandlungen in Shingal nicht beteiligen werden, da sich sowohl unter den Peshmerga-Truppen als auch bei anderen Gruppierungen Êzîden befinden.

Ob die schiitischen Milizen auch in das Gebirge und in den Norden der Shingal-Region vorrücken werden, ist bisher nicht klar. Der Krieg um die Shingal-Region hat nach dem Sieg über die Terrormiliz „Islamischer Staat“ erst begonnen. Die von den Êzîden befürchtete Eskalation bahnt sich zusehends an, mit der Gefahr, erneut Opfer von Machtkämpfen zu werden.

© ÊzîdîPress, 17. Oktober 2017