Canberra. Australien hat den Völkermord der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) an der êzîdîschen Minderheit im Nordirak anerkannt. Am Donnerstag verabschiedete das Parlament den eine Woche zuvor vom Repräsentantenhaus gebilligten Entwurf. Eingebracht hatte diesen der Abgeordnete Chris Crewther von der Liberalen Partei Australiens.

Die Anerkennung wurde unter anderem von Amal Clooney, der Rechtsberaterin Nadia Murads, begrüßt. Clooney sagte, der nächste Schritt „bestehe darin, die Verantwortlichen nun zur Rechenschaft zu ziehen“. Die rechtlichen Aspekte des Entwurfes wurden vom ehemaligen Anwalt und Veteranen der UN-Intervention auf dem Balkan, Mike Kelly, ausgearbeitet. Kelly betonte, die Terrormiliz habe nicht nur Massentötungen gegen die Êzîden verübt, sondern diese auch in der Absicht, die Êzîden als Gruppe ganz oder teilweise zu vernichten. Der IS habe zudem Zustände hervorgerufen, die „dazu bestimmt waren, die Zerstörung herbeizuführen und Maßnahmen ergriffen, Geburten innerhalb der Gruppe zu verhindern“.

Besonders der sexuelle Aspekt des Völkermordes wurde hervorgehoben. Tausende êzîdîsche Frauen wurden verschleppt, versklavt und als Sklavinnen verkauft und festgehalten. Bis heute gelten 3.000 Frauen und Kinder als vermisst.

Die australische Regierung sei nun dazu aufgefordert, nationale oder auch internationale Maßnahmen zu ergreifen und zu unterstützen, um die IS-Täter strafrechtlich zu verfolgen, sagte die Genozid-Forscherin Nikki Marczak, die für die êzîdîsche NGO Yazda in Australien für eine Anerkennung warb. Die Aktivistengruppe Yazda hatte zusammen mit ihrer Rechtsberaterin Amal Clooney monatelang auf eine Anerkennung hingearbeitet.

Am 3. August 2014 überrannte die IS-Terrormiliz das Hauptsiedlungsgebiet der êzîdîschen Minderheit in der nord-irakischen Region Shingal und verübte einen Völkermord an der Bevölkerung. Etwa 10.000 Êzîden fielen dem Genozid direkt zum Opfer, wie eine erste Studie der renommierten Londoner LSE Universität zeigt. Rund 2,2% der êzîdîschen Bevölkerung wurden der Studie nach getötet oder verschleppt. 400.000 weitere mussten aus ihrer Heimat fliehen. Rund 7.000 hauptsächlich êzîdîsche Frauen und Kinder wurden gefangen genommen, versklavt und systematischer sexueller Gewalt ausgesetzt. Ziel des IS sei es, die „Jesiden als Gruppe zu vernichten“ so UN-Ermittler. Das Europäische Parlament, die UN-Menschenrechtskommission sowie zahlreiche Staaten, darunter die USA, Frankreich und Großbritannien, haben die Verbrechen des IS gegenüber den Êzîden als Völkermord anerkannt. Mit der anhaltenden Gefangenschaft von schätzungsweise 2.500 bis 3.000 Frauen und Kindern handelt es sich um einen bis heute fortgesetzten Völkermord, wie die UN mehrfach erklärte.

© ÊzîdîPress, 08. März 2018