Murad (67), Mitte Januar aus der IS-Gefangenschaft freigekommen (UNHCR/Dominic Nahr)
Murad (67), Mitte Januar aus der IS-Gefangenschaft freigekommen (UNHCR/Dominic Nahr)

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Bis zu 7.000 Frauen, Kinder und Greise hat die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) aus dem Hauptsiedlungsgebiet der Êzîden Anfang August 2014 im Nord-Irak entführt. Mitte Januar ließen IS-Terroristen rund 200 Êzîden, Greise, körperlich geschwächte, Kranke sowie Menschen mit Behinderung, frei. Die UNHCR-Mitarbeiterin Bathoul Ahmed hat sich im Nord-Irak mit ihnen über ihre Erlebnisse in der Gefangenschaft der Terrormiliz IS unterhalten. Sie erzählen von ihrer Gefangennahme, Haft und Folter durch den IS.

Die êzîdîsche Mutter Sherin (35) aus Shingal wurde fünf Monate von der Terrormiliz in Mosul festgehalten. Ihre Kinder befinden sich weiterhin in Gefangenschaft.

„Mehrmals habe ich versucht, meine Tochter unter meinem Mantel zu verstecken, damit sie sie nicht mitnehmen. Willkürlich kamen sie und nahmen junge Mädchen mit. Meine Tochter war neun Jahre alt. Schließlich haben sie sie entdeckt. Nun ist sie bei ihnen.

Einige Mädchen haben sich von den Klippen gestürzt um zu verhindern, gefangen genommen und vergewaltigt zu werden. Viele Mädchen haben sich selbst umgebracht. Ich selbst habe einige Male versucht mich umzubringen. Meine 18-jährige Tochter nahmen sie nach einer Woche mit, als wir in Mosul festgehalten wurden. Ich möchte mir nicht vorstellen, was sie durchmachen muss. Ich kann nicht darüber nachdenken, was sie ihr angetan haben.“

Mirad, ein êzîdîscher Greis im Alter von 67 Jahren, gehört ebenfalls zu den 200 Êzîden, die im Januar freigekommen sind.

„Sie hielten uns in einer Halle mit fast 3.000 Menschen fest. Es war sehr schwierig zu atmen, erstickend. Sie haben uns alle auf Busse verladen. Die Menschen weinten, wir verabschiedeten uns voneinander. Wir erwarteten, dass wir getötet werden.

Sie haben uns aufgeteilt, Ältere, junge Männer, junge Frauen und Menschen mit Behinderungen wurden voneinander separiert. Mütter umarmten ihre Töchter, verabschiedeten sich während sie voneinander getrennt wurden. Einige wurden ohnmächtig, es war fürchterlich“, berichtet er.

Unter den Freigelassenen nahe Kirkuk war auch ein 15 Jahre altes Mädchen mit Behinderung: „Sie hätte in keinem schlechteren Zustand sein können. Überall hatte man sie verwundet. Sie haben sie gefoltert; Ihr Rücken war mit Wunden übersät. Sie sagte uns, dass man versuchte sie mehrfach zu vergewaltigen“, berichtet ein Priester, Pîr Shero, im êzîdîschen Tempel Lalish Frau Ahmed.

Für tausende Frauen und Kinder hält der Albtraum in der IS-Gewalt weiter an, darunter hunderte Minderjährige. Ein 12 Jahre altes êzîdîsches Mädchen berichtet NBC, wie sie von IS-Terroristen entführt, verkauft und vergewaltigt wurde. Was eine Vergewaltigung ist, wisse sie nicht, nur, dass sie geblutet hat, als sie wieder zu sich kam.

Erst kürzlich stürzte sich Sabiah, ein weiteres êzîdîsches Mädchen, in den Tigris-Fluss. Sie wurde in Mosul gefangen gehalten und konnte sich zunächst befreien. Der Weg in den sicheren Norden war jedoch versperrt.

© ÊzîdîPress, 08. März 2015